TEST // Brook City

TEST // Brook City

Im Hintergrund läuft der Soundtrack von „Robocop“. Officer Lew…äh, Meryl Jones hält eine Autoschieberbande in Schach. Später ertönt die Fanfare von „Die nackte Kanone“ aus den Lautsprechern und Lt. Frank Dreb…‚ ‘tschuldigung, Lester Nelson ist auf der Suche nach Hinweisen, die den aalglatten Geschäftsmann Slade Harper auffliegen lassen können. Schnitt. Die Musik wechselt zu Glenn Freys „The heat is on“ und Axel Fol…, Verzeihung, Wilson Fox schwingt sich aus seinem Sportwagen auf der Jagd nach dem Juwel der Stadt, das momentan leider nicht glänzen kann. So oder so ähnlich könnte ein typischer Tag in „Brook City“ aussehen und ihr könntet die Geschicke der Cops auf eurem Spieltisch leiten.

Wir haben uns ein Grundspiel und die Erweiterung „The Sixth Cycle“ bei Kickstarter gesichert und aus eigener Tasche gezahlt.

The Heat is on in Brook City

Ziel in „Brook City“ ist es, einen Fall (CASE-Deck) zu lösen und gleichzeitig darauf zu achten, dass die Kriminellen (CRIMINAL-Deck) in der Stadt nicht überhandgewinnen. Die Cops müssen darauf achten, dass sie nicht zu viel Stress ausgesetzt sind, da zu viel Stress direkt zu ihrer Entlassung und damit zum Ende des Spiels führt. Einen Fall zu lösen wird auf unterschiedliche Weise erreicht. In der Regel erfordert es das Aufsammeln von Hinweisen (CLUE-Token), was je nach Fall unterschiedlichen Bedingungen unterliegt. Die Kriminellen können meist über Begegnungen (ENCOUNTER) bekämpft werden. Hierzu gibt es auf jeder CRIMINAL-Karte Widerstandswerte mit Pistole-, Polizeimütze- und Funkgerät-Symbol. Bei Begegnungen wird eine angegebene Anzahl Würfel geworfen. Der Widerstandwert wird vom Würfelergebnis abgezogen und ergibt den Fortschritt (PROGRESS), der auf der Karte abgelegt werden kann. Ist der Fortschritt mindestens so hoch wie der Überlastungsgrenzwert (BUST THRESHOLD), der auf der Karte angegeben ist, gilt das Verbrechen als hochgenommen (BUSTED) und der BUST-Effekt wird vor dem Ablegen der Karte abgehandelt.

Der erste Schritt beim Aufbau des Spiels besteht darin, dass sich jeder Spieler und jede Spielerin ein Cop-Deck aussucht, die entsprechende Miniatur nebst Dienstwagen in das B.C.P.D. stellt und 4 Handkarten zieht. Anschließend werden ein CRIMINAL-Deck und ein CASE-Deck in freier Auswahl gewählt. Das CRIMINAL-Deck wird in die CRIMINAL-Deck-Area gelegt. Die SUSPECT-Karte wird offen ausgelegt und rechts daneben kommt die OPERATION-Karte, wovon die Aufbauanleitung auf der Setup-Seite ausgeführt wird. Der Rest des Decks wird neben die SUSPECT-Karte als Nachziehstapel gelegt. Anschließend geht es weiter mit dem CASE-Deck. Hier wird die CASE-RULES-Karte ausgelegt und alles wie auf der Setup-Seite beschrieben aufgebaut. Miniaturen, VEHICLES- und LEADS-Karten werden bereitgestellt, die erste Spur (LEAD Token) wird gemäß Angaben auf der gezogenen LEAD-Karte ausgelegt.

Zu Beginn seines oder ihres Zuges muss jeder Cop zunächst eine Karte vom CRIMINAL-Stapel ziehen. Ist es ein EVENT, wird dieses direkt abgehandelt. Ist es ein CRIME, wird dieser in die persönliche CRIME-Area des jeweiligen Cops gelegt. Danach kann ein Cop 2 von 3 Aktionen wahlweise in beliebiger Reihenfolge durchführen. So kann sich jeder Cop 3 Felder bewegen. Da es sich um eine Actionumgebung handelt, gerne auch quer durch Häuser hindurch. Martin Riggs würde schließlich auch nicht erst klingeln, wenn er einen Bösewicht verfolgt. Wer nicht zu Fuß gehen möchte, kann sich in seinem Polizeiwagen fortbewegen oder wahlweise ein Fahrzeug beschlagnahmen (COMMANDEER), wodurch eine Karte vom Fahrzeugstapel gezogen wird. Die aktuelle Fahrzeugkarte muss in diesem Fall allerdings abgelegt werden. Wer auf die Bewegung verzichtet, kann im Rahmen der MOVE-Action auch einen STRESS-Token ablegen, was durchaus notwendig werden kann. Steigt der Stresswert über den auf der Cop-Karte angegebenen Wert, ist das Spiel direkt beendet.

Als weitere Aktion kann eine CARD-Aktion gespielt werden. Dazu gehört das Auslegen von TACTIC-Karten, was erweiterte Handlungsmöglichkeiten oder spezielle Boni mit sich bringt. Wird eine TACTIC-Karte aus der Hand gespielt, die bereits ausliegt, wird die in der Regel stärkere PREPARED-Fähigkeit der Karte genutzt. Während die ausgelegte TACTIC-Karte liegen bleibt, wird die zusätzlich gespielte TACTIC-Karte auf den Ablagestapel gelegt. Weitere Aktionsmöglichkeiten sind das Ausspielen einer ENCOUNTER- oder ABILITY-Karte sowie das Nutzen einer ACTION-Fähigkeit einer ausliegenden Karte. Wenn nicht anders angegeben, kann jede ACTION-Fähigkeit maximal einmal pro Zug genutzt werden. Die CARD-Action kann auch dazu genutzt werden, um eine Karte vom eigenen Cop-Stapel nachzuziehen. Ein Handkartenlimit gibt es nicht. Weder nach oben noch nach unten.

Als dritte Möglichkeit kann noch eine zweite MOVE- oder CARD-Aktion ausgeführt werden. Des Weiteren steht eine HUNCH-Action zur Verfügung, über die ein HUNCH-Token genommen werden kann. HUNCHES können bei Würfelproben genutzt werden, um ein HUNCH-Zeichen auf einem Würfel in einen Erfolg zu verwandeln. Für jeden nicht genutzten HUNCH, der gewürfelt wurde, erhält der Cop einen HUNCH-Token. Als letzte Aktion besteht noch die Möglichkeit, eine INTERACT-Aktion durchzuführen und darüber den INTERACT-Effekt einer Karte auszulösen.

Steht ein Cop während seines Zuges neben einem Hinweis (LEAD-Token), kann die entsprechende LEAD-Karte aufgenommen werden und bietet dadurch die Möglichkeit, die auf der Karte angegebene Aktion kostenlos bei Bedarf durchzuführen. Pro Cop ist nur der Besitz eines LEAD erlaubt, es sei denn, die Setup-Regel eines Decks besagt etwas anderes. Die oberste Karte des Lead-Decks wird aufgedeckt und zeigt an, wo der Lead-Token platziert werden muss. Sind beide Aktionen abgehandelt, werden die Verbrechen in der persönlichen CRIME-Area abgehandelt, indem jeder ACTIVATION-Effekt durchgeführt wird. Anschließend wird eine Karte vom Nachziehstapel gezogen, die eigene TURN CARD umgedreht und der nächste Cop ist an der Reihe.

Haben alle SpielerInnen ihren Zug durchgeführt, werden alle ausliegenden ACTIVATION-Effekte in der allgemeinen CRIMINELL-Area von links nach rechts durchgeführt. Anschließend geht es weiter mit dem CASE-Deck, bei dem ebenfalls alle ACTIVATION-Effekte von links nach rechts abgehandelt werden. Danach wird eine Karte vom CASE-Deck nachgezogen und direkt abgehandelt bzw. ganz rechts ausgelegt. Ist alles durchgeführt und sind weder die Bedingungen zum Lösen des aktuellen Falles noch die Scheitern-Bedingungen für das CRIMINELL-Deck erreicht und stehen noch alle Cops unterhalb ihres maximalen Stresslevels, werden die TURN CARDS wieder umgedreht und es geht weiter mit der nächsten Runde.

Leathal Weapon or Naked Gun?

Herzstück von „Brook City“ sind die über 400 Karten, die in einer sehr guten, widerstandsfähigen Form dem Spielkarton beiliegen. Damit diese in der Kartenhalterung leicht zu finden sind, gibt es zu jedem Set einen Trenner mit passender Gestaltung und Einleitungstexten zum entsprechenden Set auf der Rückseite. Die Miniaturen sind aus stabilem Gussmaterial und kommen detailliert daher. Bei unserem Set war die Doppel-Miniatur von McMurphy & Richmond aus dem Kickstarter-Extras-Pack an der Base zwar leicht verbogen, was aber nur einen kleinen Makel darstellt und spielerisch keinen negativen Einfluss hat. Neben dem großen Game Board sind noch 6 Kunststoffwürfel und eine ganze Reihe unterschiedlicher Marker in guter Materialstärke Bestandteil der Box. Das Game Board ist von der Gestaltung nicht sonderlich gut anzusehen, ist dafür aber recht groß und aus festem Material.

Die Anleitung ist sehr übersichtlich gestaltet und schafft es, die Mechanik in weiten Teilen gut und einfach zu erklären. Nach der ersten Partie gab es zwar noch ein paar Dinge, die nicht ganz klar waren, im Großen und Ganzen war der Einstieg dank der guten Gliederung und der zahlreichen Grafiken aber einfach und die Feinheiten hatten sich nach 2-3 Partien ebenfalls leicht geklärt.


Als ich den Kickstarter zu „Brook City“ sah, war mein erster Gedanken „Boah, was sieht das Spielbrett langweilig aus. Das willst du bestimmt nicht spielen.“ Doch wie das bei Kickstartern oftmals so ist, kam mit der Zeit immer mehr das Gefühl auf, dass da vielleicht doch mehr drinstecken könnte. Vor allem die Thematik mit den Action-Cops fand ich klasse. Da ich „Street Master“ bislang noch nicht kannte, hatte ich mich mit dem Modularen Decksystem der Sadler-Brüder noch nicht beschäftigt. Lange habe ich hin und her überlegt, Videos geschaut und den Vorentwurf des Regelbuchs gelesen. Eine weitere Hürde bei meiner Entscheidung war, dass das Spielmaterial durchweg in Englisch ist und meine Frau, mit der ich hauptsächlich am Spieltisch sitze, nicht immer glücklich ist, wenn es zu Verständnisproblemen auf Grund der Sprache kommt. Letzten Endes habe ich salomonisch entschieden und meine Frau gefragt „Schatz, sollen wir das kaufen?“. Gleich zwei kleine Spoiler vorweg – ich habe den Kickstarter am letzten Tag natürlich unterstützt und das Englisch ist so leicht verständlich, dass es bislang so gut wie zu keinem Verständnisproblem gekommen ist.

Als ich das Spiel zum ersten Mal aus dem Karton nahm, war meine Erwartung noch relativ gedämpft. Das Game Board sah genauso eintönig aus, wie ich es befürchtet hatte. Begeisterung kam dann direkt zum ersten Mal auf, als ich durch die Karten gesehen habe. Die Illustrationen haben sehr großen Wiederkennungswert. Klassische Action- und Cop-Filme wie „Beverly Hills Cop“, „Die nackte Kanone“, „Stahlharte Profis“, „Robocop“, „S.W.A.T.“, „FARGO“, „Se7en“ und der sympathische Serienkiller von Nebenan „Dexter“, sind wunderbar getroffen und sorgen gleich für den Wunsch, die Regeln umgehend lernen zu wollen.

Mein erster Kontakt mit dem Modularen Decksystem benötigte durchaus eine gewisse Eingewöhnungszeit. Unter anderem das Zusammenspiel zwischen CRIMINELL-Deck und CASE-Deck verleitet mich gerne schon mal dazu, Begrifflichkeiten und Anweisungen zu vertauschen. Auch das Übergeben von INFLUENCE-Tokens aus der persönlichen Crime-Area in die allgemeine CRIMINELL-Area bedarf ein wenig Gewöhnung und war zu Beginn nicht unbedingt gleich verständlich. Doch wenn alles erst einmal bei den Regeln sitzt, was bei uns schnell der Fall war, wenn die verschiedenen Kartenzonen der Reihe nach von links nach rechts und jeweils auf sich bezogen abgearbeitet werden, spielt sich das System sehr leicht.

Besonders gut gefallen hat mir vor allem, dass jeder Cop ein sehr thematisches Deck hat, das sich jeweils anders spielt. Morgan zum Beispiel, der auf „Dexter“ beruht, versteht es wie keiner Zweiter, Orte zu manipulieren und seinen Vorteil aus Begegnungen zu ziehen. Ranae Benson, für die Adam Sadlers Verlobte das Vorbild war, ist eine geübte Hackerin und kann im Grunde von jeder Position des Boards aus Ermittlungen durchführen. Dies macht sie zu einer willkommenen Ermittlerin in jedem Team, lässt sie aber durchaus auch ein bisschen zu mächtig erscheinen, da die Bewegung auf dem Board oftmals die größte Bürde beim Kampf gegen das Verbrechen darstellt. Selena Gonzalez erscheint wie ein Abbild von Christina Sanchez aus „S.W.A.T.“ und mit ihrer taktischen Prägung kann sie von Häuserdächern entfernte Ziele aufs Korn nehmen oder bei Begegnungen vor Ort besonders effektiv vorgehen.

Durch die Möglichkeit verschiedene Fälle und Kriminelle zu mixen und jeweils mit unterschiedlichen Cop-Teams zu bekämpfen, bleibt der Wiederspielwert von „Brook City“ recht hoch. Die einzelnen CASE- und CRIMINELL-Decks haben, ähnlich wie die Cop-Decks, unterschiedliche Spielweisen. In „The Slain Diplomat“ gilt es z.B., den Mord an einem Diplomaten dadurch aufzuklären, die CLUE-Tokens von vorgegebenen Orten unter verschiedenen Bedingungen einzusammeln. In „Jump Start“ ist eine Autohehlerbande in der Stadt unterwegs und die SpielerInnen müssen verhindern, dass die Karossen aus der Stadt transportiert werden. Bei den CRIMINELL-Decks kann u.a. gegen Slade Harper gespielt werden, der versucht, die Stadt mittels einer Überschwemmung mit INFLUENCE-Token in seinen Griff zu bekommen, während der durchgedrehte Gus Ferguson mit seiner Spitfire durch die Straßen düst und den Drogenhandel in der Stadt in seine Gewalt bringen will.

Mein persönliches Highlight bei den bisherigen „Brook City“- Runden war die Kombination aus der „The Sixth Cycle“-Erweiterung. Marcy entsendet über das CRIMINELL-Deck Kultisten mit Schweinsmasken, um rituelle Morde zu begehen. Gleichzeitig treibt sich über das CASE-Deck ein Verrückter in der Stadt herum, der nach Vorbild von Leonardo da Vincis „Vitruvianischer Mensch“ mordet. Wer möchte, kann den Fall mit Earl Thompson angehen. Diesem kann eine gewisse Ähnlichkeit zu Samuel L. Jackson und dessen Coolness nicht abgesprochen werden. Optisch erinnert die Gestaltung der Karten natürlich auch an Morgan Freeman in „Se7en“. Ob es jedoch auch ein mysteriöses Paket im Verlauf des Falls zu öffnen gibt, sei an dieser Stelle nicht gesagt. Kenner des Films wissen sicherlich, wovon ich hier schreibe.

Wer bis hierhin gelesen hat, wird sicherlich unschwer erkannt habe, dass ich trotz der anfänglichen Bedenken nicht einen Cent bereue, den ich in das Spiel investiert habe. Ganz im Gegenteil ärgere ich mich im Nachhinein sogar, dass ich die anderen Erweiterungen nicht auch noch gekauft habe. Nun freue ich mich umso mehr, dass ich beim „Street Master: Aftershock“-Kickstarter nahezu All-In gegangen bin und auch bei „Altar Quest“ bin ich bereits Unterstützer. Das Modulare Decksystem macht uns einfach mächtig Laune und die Liebe, die in der Gestaltung der unterschiedlichen Decks steckt, finde ich fantastisch. Es hat im Kalenderjahr 2019 durchaus bereits einige gute Spiele gegeben. Aber keines davon hat mich auch nur annähernd so begeistert wie „Brook City“, das durch seine wunderbar thematische Umsetzung und die Abwechslung durch die Unterschiede in den einzelnen Decks zu fesseln versteht. Für mich ist „Brook City“ bislang das Spiel des Jahres. Und ich kann mich nachträglich nur bei meiner Ehefrau bedanken, dass sie sich für mich seinerzeit richtig entschieden hat! Salomonisch halt….

Bilder zum Spiel

Tags: Thematisch, Miniaturen, Kickstarter, Variable Helden-Fähigkeiten, 1-4 Spieler, Würfelspiel, Kooperativ, Solospiel

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