TEST // HEROPATH

TEST // HEROPATH

Verfasst von Deniz Jansen am . Veröffentlicht in Brettspieltest

Zwerge, Drachen, Elfen, Feen und Phönixe. Kaum fällt einer dieser Begriffe, weiß jeder, zu welchem Genre sie zuzuordnen sind: Fantasy. Das Brettspiel HEROPATH – DRAGON ROAR von UNIQUE GAMES macht sich dies in einem sehr großen Umfang zunutze. Bei HEROPATH streifen die Spieler als Elf, Zwerg, Zauberer oder Riese durch eine Fanatsy-Welt, die teilweise mehr an die klassischen Dungeons & Dragons Runden der 80er Jahre erinnert und damit zwangsläufig in ein Genre gerät, das nicht gerade wenig Konkurrenz auffährt. Wie spielt sich nun aber das Rollenspielbrettspiel im alten Look und bringt es dabei Besonderheiten mit?

 

infos zum spiel

Um diese Fragen zu beantworten, liegt uns eine private Kopie des Spiels HEROPATH – DRAGON ROAR (im Weiteren nur HEROPATH genannt) von UNIQUE GAMES vor, die es auf Herz und Nieren zu prüfen gilt.
Auf unsere Bewertung hat das natürlich keinen Einfluss.

 

Darum geht es im Spiel!

 

Ein großer schwarzer Drache bedroht seit einiger Zeit das Land und eine Gruppe von Helden macht sich auf, dieser Terrorherrschaft ein jähes Ende zu bereiten. Bei HEROPATH übernehmen 1-4 Spieler (1-6 mit beiden Erweiterungen) die Rolle dieser Helden und müssen sich im Verlauf des Spiels auf den Kampf mit dem großen schwarzen Drachen vorbereiten. Dabei können die Helden entweder zusammenarbeiten sowie in Teams oder einzeln gegeneinander antreten, um herauszufinden, wer der beste Drachentöter ist.

Zu Beginn des Spiels wählt jeder Spieler einen von 4 bzw. mit Erweiterungen 6 Helden aus. Die Auswahl besteht dabei aus einem Elfen, einem Zwerg, einem Krieger und einem Magier. Die beiden Erweiterungen fügen noch einen Riesen und einen Zauberer als spielbare Charaktere hinzu. Jeder dieser Charaktere erhält daraufhin seine Fertigkeitspunkte auf Weisheit, Stärke, Erfahrung, Vitalität und Glaube.

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Je nach Charakter unterscheidet sich diese Verteilung. Zum Beispiel ist der Zwerg sehr widerstandfähig und stark, versteht aber nichts von Magie, während der Zauberer sehr gute Magiekenntnisse hat, aber in anderen Disziplinen eher schwach auf der Brust ist. Diese Verteilung ist jedoch nur vorläufig, da sich diese Werte während des Spiels weiterentwickeln können. Ist die Verteilung der Charaktere beendet, legt jeder Spieler sein Spielertableau mit den verteilten Punkten vor sich ab. Auf diesem sind alle für das Spiel nützlichen Hinweise zu finden, sodass nur selten ein Blick ins Regelbuch nötig wird.

Das Spielertableau enthält Flächen für die ausgerüsteten Gegenstände (Helm, Schwert, Rüstung, Schild, Ringe) sowie die Anzeige der Fertigkeitspunkte, die mithilfe von Glassteinen angezeigt werden, und verschiedene Flächen für das Inventar, Begleiter und Fähigkeiten. Neben dem Spielertableau eines jeden Spielers liegt außerdem ein Indexboard, auf dem die vielen verschiedenen Effekte der Gebäude auf dem Spielfeld erklärt werden. Bevor die Spieler sich nun in ihr Abenteuer stürzen können, muss ihre Startausrüstung ermittelt werden. Dafür zieht jeder Spieler eine festgeschriebene Kombination aus Fähigkeits-, Magie- und Ausrüstungskarten und wählt aus diesen 2 beliebige Karten aus.

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Ist dies geschehen, geben sie die Karten dem Nachbarn zu ihrer Linken weiter und wiederholen den Prozess bis jeder 6 Karten besitzt. Haben sie einmal Karten gewählt, wollen diese während dieses Prozesses aber nicht behalten, können sie auch die bereits gewählten Karten austauschen und so passendere Karten für ihren Charakter zusammensuchen. (Ein Zwerg der zu Beginn des Spiels sehr viele Spruchrollen für Magie besitzt, wird zum Beispiel damit kaum etwas anfangen können.) Das Spielfeld an sich enthält zu Beginn des Spiels, je nach gewählter Variante (dazu später mehr), einige Gebäude sowie verdeckte Gegner, die mithilfe von Token angezeigt werden. Nun wird der Drache noch auf seinen Berg positioniert und schon kann das Abenteuer beginnen!

Das Spiel wird in der Standard-Variante in Spielerrunden gespielt, die im Uhrzeigersinn ablaufen. Während einer Spielrunde stehen den Spielern 4 Aktionspunkte zur Verfügung, die aus einer Kombination von 5 möglichen Aktionen durchgeführt werden können. Die Spieler können sich zum Beispiel 4 Felder weit bewegen, eine Rast einlegen, mit einem Gebäude auf ihrem Feld interagieren, gegen ein Monster auf ihrem Feld kämpfen oder aber andere Spieler ausrauben und/oder überfallen. Jede Aktion, bis auf das Überfallen, kann in einer Runde mehrfach ausgeführt werden.

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Beim Bewegen bewegt sich eine Spielfigur bis zu 4 Felder, muss aber darauf achten, dass sie nur weiß eingezeichnete Grenzen überschreitet, da die schwarzen Grenzen nur mithilfe eines Tores überschritten werden können. Beendet der Spieler seine Bewegung auf einem Feld mit einem verdeckten Monster, muss er dieses aufdecken und um weiterzugehen, entweder gegen das Monster kämpfen oder die Flucht antreten. Flüchtet der Spieler, so verliert er einen Lebenspunkt, kann seine Bewegung aber normal durchführen.

Kämpft der Spieler gegen das Monster, so muss er einen höheren Stärkewert erzielen als das Monster. Jedes Monster hat einen Grundstärkewert, zum Beispiel ein Goblin mit Stärke 10, zu dem ein spezieller Monster-Würfel geworfen wird. Der Stärkewert der Helden wird ermittelt, indem alle verteilten Fertigkeitspunkte und die Boni der getragenen Rüstungsgegenstände zusammengezählt werden. Zusätzlich erhalten auch die Helden 2 spezielle Heldenwürfel, deren Ergebnis auf den finalen Stärkewert addiert wird.

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Besiegt der Held das Monster, erhält er einen Erfahrungspunkt und eine Schicksalskarte als Belohnung. Die Schicksalskarten enthalten meist mächtige Artefakte oder Belohnungen, können aber auch negative Effekte wie einen Sand- oder Schneesturm bereithalten. Das besiegte Monster wird auf die „Skala des Bösen“ gelegt. Diese hat Zahlen von 1-10. Wird ein Monster darauf gelegt, so werden die restlichen Monster auf dem Spielplan um den aktuellen Wert der Skala erhöht. Es werden so lange Monster auf einen Wert der Skala gelegt, bis die Anzahl der Monster die Zahl der Spieler übersteigt.

Tritt dieser Fall ein, wird das Monster auf den nächst höheren Wert gelegt und der Drache wird aktiv. Dieser fliegt etwas über das Land und versieht einige Gebiete mit seinem Feueratem. Um zu ermitteln, um welche Gegenden es sich handelt, wird ein schwarzer Gebietswürfel geworfen. Alle Helden, die sich auf einem solchen Gebiet befinden, erhalten daraufhin einen Schaden. Der Drache setzt sich dann wieder auf einen seiner 3 Berge (ausgewählt vom aktiven Spieler) und jeder Spieler setzt einen neuen Monstertoken mindestens 7 Felder entfernt von seinem Helden.

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Im kompetitiven Modus können Monster auch auf Felder gelegt werden, in denen sich andere Helden befinden. Diese müssen, um das Gebiet zu verlassen, entweder kämpfen oder flüchten. Als letztes platzieren der aktive Spieler und der Spieler nach ihm ein weiteres Gebäude, indem sie eines aus einem schwarzen Beutel ziehen und auch dieses auf ein legitimes Feld mindestens 7 Felder entfernt positionieren. Wichtig ist außerdem, dass die aktuelle Zahl der „Skala des Bösen“ der Stärke der Monster hinzugefügt wird. Je mehr Monster die Helden besiegen, desto stärker werden auch die Monster.

Wollen die Spieler ihre Ausrüstung oder ihre Fertigkeiten verbessern, müssen sie bestimmte Gebäude im Spiel aufsuchen. Da es zufällig ist, welche Gebäude sich im Spiel befinden, gibt es immer mehrere Gebäude, die ähnliche Funktionen erfüllen. Zum Beispiel lässt sich die Ausrüstung beim Schmied oder beim Marktplatz für Gold aufbessern. Andere Gebäude geben im Austausch für Nahrung oder Erfahrungspunkte verschiedene Fertigkeitsverbesserungen an. Dabei ist es egal, welcher Held diese Verbesserung durchführt. Ein Zwerg, der zu Beginn des Spiels noch nichts von Magie verstanden hatte, kann dadurch am Ende des Spiels der größte Magier diesseits der Drachenberge werden.

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Sollten die Spieler sich dazu entscheiden, auf unlautere Mittel zurückzugreifen, können sie ihre Mitspieler ausrauben oder entführen. Dafür wählt der aktive Spieler einen anderen Helden auf seinem Feld aus, das kein speziell sicheres Feld sein darf, und entwendet ihm entweder einem Gegenstand oder, wenn sie sich unglücklicherweise auf der Straße begegnen sollten, entführt der aktive Spieler den gegnerischen Helden. Sollte dies passieren, wird das Opfer in das Goblingefängnis gesteckt, aus dem es sich erst einmal wieder freikämpfen muss.

Das Spiel endet, sobald ein Held oder ein Helden-Team den Drachen besiegt. Dieser ist der stärkste Gegner im Spiel und besitzt eine Stärke von 15, zu dem die „Skala des Bösen“ sowie 2 Monster-Würfel hinzugefügt werden. Es ist somit Vorbereitung zwingend notwendig, da die Helden es zu Beginn des Spiels noch nicht mit dem Drachen aufnehmen sollten. Außerdem, stirbt ein Held, so ist dieser nicht aus dem Spiel genommen, sondern startet wieder am Startfeld mit einem Lebenspunkt. Seine Ausrüstung behält er dabei.

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Variationen und Erweiterungen

HEROPATH bietet 2 Erweiterungen an, die das Spiel jeweils um einen spielbaren Charakter und eine Spielmechanik erweitern. Diese Änderungen bringen etwas mehr Tiefe und Variation in die zu erhaltenen Karten und Wege, Monster zu besiegen.

Generell bietet HEROPATH aber eine große Auswahl an Spielmodifikationen. Ist den Spielern der Drache zu leicht, können sie die Schwierigkeitsstufe erhöhen, möchten sie eine andere strategische Herangehensweise ausprobieren, können sie den „Nebel des Krieges“ aktivieren, der andere Spielstile erfordert. Ist die Gruppe schon erfahren in dem Spiel, kann sie das Spiel sogar in Echtzeit spielen und damit keine Spielerrunden mehr haben, was aber zwangsläufig in einem chaotischeren Spiel endet (aber vielleicht ist es ja genau das, was die Spielergruppe reizt). Insgesamt gibt es über 576 verschiedene Möglichkeiten, die verschiedenen Modifikationen zu kombinieren, wobei noch nicht die Nutzung der Spielmechaniken aus den Erweiterungen einberechnet ist!

 

Was ist in der Box?

 

HEROPATH bringt einiges an Spielmaterial mit, obwohl es sich meist auf sehr klassische Inhalte konzentriert.

Für jeden Helden gibt es eine Miniatur aus bekanntem Brettspielplastik. Das Brettspielplastik kommt mit seinen üblichen Problemchen daher, dass viele Waffen, Arme oder Flügel etwas verbogen sind, jedoch lässt sich das leicht mit etwas Feingefühl und warmen Wasser beheben. Das Design der Figuren ist nichts Außergewöhnliches und damit eher schlicht. Jedoch können die Figuren und das, was sie versuchen darzustellen, auf den ersten Blick erkannt werden.

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Besonders beim Design der Artworks und der Rechtschreibprüfung ist dem Spiel seine sehr kleine Auflage und das kleine Team von Unique Games anzumerken. Das Design lässt sich mit dem Retrodesign der ersten Dungeons and Dragons Bücher vergleichen. Das Spiel wirkt damit etwas, als würde es direkt aus den 70er/80er Jahren kommen, was aber nicht zwangsläufig negativ ist, da das Design sehr konsequent durchgezogen wird.

Die Holzmarker des Spiels für Gold und Nahrung lassen sich gut unterscheiden (nicht zuletzt, weil die Nahrung braun ist und wie ein Leib Brot aussieht). Die Glastoken für die Fertigkeitspunkte erfüllen ihren Zweck und die Karten, Spielertableaus sowie das Spielfeld haben eine sehr gute Materialquallität. Die Dicke des Materials und der Druck wissen zu überzeugen, besonders die Dicke verleiht der Box aber auch ein gewisses Gewicht (etwa 3 kg), was nicht unterschätzt werden sollte. Unserer Version lag ein deutsches Regelbuch bei, mit dem wir, auch trotz einiger Übersetzungsfehler, die Regeln gut durchdringen konnten. Alternativ bietet UNIQUE GAMES auch ein englisches Erklärvideo auf dem hauseigenen Youtube-Kanal an.


In der Videospielbranche sind Retrospiele in Pixel-Optik nicht mehr wegzudenken. Bei Brettspielen ist dies bei neuen Veröffentlichungen bei weitem nicht so etabliert. Dass sich Unique Games diesen Schritt getraut hat, empfinde ich als sehr mutig. Ob dieser Schritt jedoch ein beabsichtigter oder nur der kleinen Teamstärke geschuldet ist, ist uns derweil nicht bekannt. Einen Unterschied macht dies aber so oder so nicht, denn wem dieser Stil zusagt, hat mit HEROPATH ein sehr variationsreiches Brettspiel.

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Die Story und das Setting sind für ein Fantasy-Brettspiel so generisch, wie sie hätten sein können, aber die Umsetzung ist dafür umso ausgeklügelter. Durch seine offene Charaktererstellung erinnert HEROPATH teilweise an die Videospielreihe The Elder Scrolls, da es dem Spieler überlassen ist, auf welche Waffen oder/und Fertigkeiten sich sein Charakter spezialisiert. Es ist möglich, einen Zwerg mit Plattenrüstung, der nur so mit Magie um sich wirft, oder aber einen Zauberer mit Streitaxt zu spielen.

So attraktiv dies für Rollenspieler klingen mag, Schattenseiten existieren dennoch. Einige Karten, die die Spieler im Marktplatz oder durch andere Wege erhalten können, sind sehr viel stärker als andere, was das Balancing teilweise etwas schwierig macht. Sehr kompetitive Spieler könnten das Spielsystem sogar dahingehend ausnutzen, dass sie fast unaufhaltbar werden. Das Spiel appeliert an dieser Stelle eher an den Rollenspieler im Inneren. Die Spieler sollten sich eher fragen, „Was würde mein Charakter tun?“ oder „Ergibt es jetzt Sinn, dass ich diesen Gegenstand mit mir herumtrage?“, als einfach das Stärkste zu nehmen, das das Spiel grade anzubieten hat.

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Uns ist während unserer Spieleabende aber eher aufgefallen, dass sich dieses Problem hauptsächlich auf den 2-Spieler-Modus auswirkt. Wird ein Charakter zu stark, während mehr als ein anderer Held anwesend ist, fördert dies Allianzen, sodass der zu kompetitive Spieler ins Visier der anderen Spieler gerät und er des Öfteren überfallen werden könnte. Das Spiel regelt sich damit etwas von selbst, eine entspannte Herangehensweise ist aber dennoch empfohlen. Der Einzelspieler eignet sich sehr gut als Einstiegsspiel, damit die Regeln gefestigt werden. Sollte die Lust aber nach einem ordentlichen Einzelspielerspiel stehen, sollte der Schwierigkeitsgrad schon stark erhöht werden, damit das Spiel auch eine Herausforderung darstellt.

Durch die Optionen und Variationen des Spiels, zum Beispiel das Spielen in Teams oder ein generell kooperatives Spiel, bietet HEROPATH für viele verschiedene Spielergruppen interessante Möglichkeiten. Es sollte dabei aber auch bedacht werden, dass es je nach Spieleranzahl auch bis zu 4 Stunden dauern kann, eine einzelne Partie HEROPATH abzuschließen.

Trotz seiner Rechtschreibproblemchen und dem Design, das bei weitem nicht alle Spieler ansprechen wird, fühlt sich HEROPATH gut an. Man hat nicht das Gefühl, als würde ein Spiel von der „Stange“ gespielt werden. Stattdessen fühlt man das Herzblut, das die Entwickler in das Spiel gesteckt haben, und die Liebe zum Detail. Anstelle der Figuren hätte es auch Pappaufsteller wie in Die Legende von Andor geben können. Anstelle der speziellen Würfel hätten die Entwickler normale Würfel nutzen können. All diese kleinen Details machen HEROPATH zu etwas Besonderem. Wem bei Brettspielen das Gameplay wichtiger ist als das Design oder generell von der Optik und der Einfachheit des Spiels angezogen ist, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren.

 

Wertung zum spiel

 

 

Bilder vom Spiel

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Tags: Dungeon-Crawler, 60-120 Minuten, 1-6 Spieler, Wettrennen, Fantasy

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