TEST // THE COST

TEST // THE COST

„Schutzkleidung und die Einhaltung von Sicherheitsstandards können unmöglich so teuer sein, sicherlich sind wir da wieder übervorsichtig! Da werden wir sparen, um die von den Investoren geforderte Gewinnsteigerung zu erreichen.“ THE COST widmet sich dem schwierigen Thema skrupelloser Firmen, die mit zweifelhaften Praktiken ihren Gewinn optimieren und dabei sogar den Tod der Mitarbeiter in Kauf nehmen. Die Spieler agieren als Unternehmen im Asbestgeschäft, einem Material, das nachweislich Krebs-erregend ist.

 

infos zum spiel

Wir haben THE COST mit einem Presserabatt von SPIELWORXX gekauft.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

 

Wenn Gier das Handeln bestimmt

 

THE COST ist ein Wirtschaftsspiel, das über 4 Runden mit jeweils 4 Phasen gespielt wird. Der Spieler mit dem meisten Geld gewinnt.

Je Spieler wird ein Staaten-Tableau ausgelegt, auf denen alle Spieler agieren können. Diese zeigen jeweils einen Streckenplan der Zugverbindungen, Plätze für Häfen und 7 vorgegebene Industriegebiete zum Bau von Asbest-Minen oder Mühlen zur Weiterverarbeitung.

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In jedem dieser Staaten liegen 6 Ereignisplättchen auf einer Leiste links oben aus. In Phase 1 entscheidet sich nacheinander jeder Spieler für einen Staat, nimmt sich das linke Plättchen und darf je nach Aufdruck ein Zuglinien-Plättchen auslegen oder einen Hafen bauen. Bei beiden handelt es sich um staatliche Baumaßnahmen, die durch neutrale graue Plättchen dargestellt werden. Ein weiteres Ereignis-Plättchen erlaubt es, den Schwellenmarkt-Anzeiger auf dem Aktions-Tableau um eins nach unten zu bewegen, wodurch die Preise für Lieferungen in Schwellenländer steigen.

Das gewählte Ereignis-Plättchen wird auf dem separaten Aktions-Tableau auf einen der Eckpunkte zwischen 3 Felder gelegt und legt dadurch 3 der nachfolgenden Aktionen fest:

  • Erhalt von Ressourcen
  • 2 eigene Schienenstrecken auslegen
  • Eine Mine bauen
  • Errichten einer Mühle
  • Bau eines Hafens

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Beim Bau werden Plättchen in Spielerfarbe auf das entsprechende Staats-Tableau gelegt. Auf dem Spieler-Tableau wird neben der Anzahl der jeweils eingestellten Mitarbeiter, dargestellt durch orangene Meeples, die kostenfrei eingestellt werden können, festgehalten, welche Minen und Mühlen den Spielern gehören.

Durch den Bau von Minen und Mühlen wird außerdem das politische Klima beeinflusst, welches starke Boni erlaubt, beispielsweise erhält der Spieler doppelte Ressourcen. Von den bebauten Feldern wird der dort zu Spielbeginn ausgelegte rote oder blauen Würfel entfernt und auf die Anzeige des politischen Klimas gelegt. Rote und blaue Würfel heben sich auf, mehrere einer Farbe erhöhen den anwendbaren Bonus der entsprechend-farbigen Spalte.

In Phase 2 gibt es die Möglichkeit, Geld gegen Ressourcen einzutauschen. Die Anzahl der Ressourcen pro Geld wird durch die Leiste mit den Ereignismarkern festgelegt, das erste freie Feld von rechts bestimmt den Wert. Ressourcen werden zum Bau von Mühlen und beim Abbau bzw. der Produktion von Asbest benötigt. Sie können nur in dem Staat verwendet werden, in dem sie erworben wurden und werden mit separaten Zähl-Marker je Staat auf dem Spieler-Tableau vermerkt.

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In Phase 3 wird Asbest produziert, transportiert, verarbeitet und verkauft. Jede Mine produziert unverarbeitetes Asbest. Die Menge wird von den Mitarbeitern bestimmt und durch einen blauen Würfel dargestellt. Dabei muss zwischen dem sicheren Abbau, der 2 Ressourcen je Mitarbeiter kostet, und dem Verzicht auf Sicherheitsstandards, wodurch ein Mitarbeiter stirbt und die Nachfrage in diesem Staat um 1 (von anfangs 5) reduziert wird, entschieden werden. Erreicht die Nachfrage irgendwann 0, verbietet dieser Staat den Asbesthandel und das Staaten-Tableau mit allen Gebäuden wird entfernt. Sind alle entfernt, endet das Spiel frühzeitig.

Unverarbeitetes Asbest kann entweder über einen Hafen in Schwellenländer verkauft oder in einer Mühle weiter verarbeitet werden. In beiden Fällen muss es aber erst einmal transportiert werden, z.B. auch über zwei Häfen zu einer Mühle eines anderen Staates. Die Spieler erhalten 1 Geld bei jeder Benutzung ihrer Gleisabschnitte oder Häfen.

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Bebaute Zugstrecken haben Vorrang vor leeren, somit muss an einer Abzweigung die bebaute Zugstrecke verwendet werden. In THE COST gibt es zudem die Möglichkeit, Strecken- und Hafen-Hoheiten zu erlangen. Dies wird dann relevant, wenn an einer Abzweigung nur bebaute Strecken vorhanden sind. Hat ein Spieler die höhere Streckenhoheit, muss, wenn möglich, dessen Strecke verwendet werden. Gleiches gilt bei den Häfen.

Verkauftes und bei einer Mühle abgeliefertes unverarbeitetes Asbest bringt Geld ein. Bei einer Mühle angeliefertes Asbest muss vom Besitzer verarbeitet werden, wodurch blaue Würfel in grüne getauscht werden. Dies erfolgt identisch zum Abbau in der Mine, Arbeiter können entweder kostspielig sicher arbeiten oder es stirbt einer auf Kosten der Nachfrage. Ein besonderer Kniff ist die Möglichkeit, auch bei einer Mühle der Konkurrenz abliefern zu können.

Verarbeitetes Asbest kann auf dem Markt eines Staates für 2 Geld verkauft werden, sofern noch ausreichend Nachfrage vorhanden ist.

In Phase 4 wird aufgeräumt und der Spieler mit den meisten Toten darf seine Startposition für die nächste Runde entscheiden.

 

Inventur

 

Das Spielmaterial ist aufgrund der zahlreichen Tableaus recht umfangreich in solider Qualität, ohne aber hervorzustechen. Stabiler Karton und Holz findet Verwendung.

Es wäre hilfreich gewesen, Minen und Mühlen optisch etwas hervorzuheben, denn auf einem vollen Staaten-Tableau werden diese schnell übersehen.

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Die 1er und 5er Münzen ähneln sich farblich, was zu Verwechslungen führen kann, insbesondere da der Aufdruck auf der Rückseite mit einem „$“-Zeichen einheitlich ist.

Die Anleitung hat uns weniger überzeugt. Sie erklärt zwar solide, wie die Aktionen verlaufen, aber die Zusammenhänge zwischen den Aktionen ergaben sich uns erst im Spiel. Dadurch wirkte diese anfangs recht abstrakt. Es gibt aber ein hilfreiches „How to Play“-Video, auf das auf der SPIELWORXX Homepage verwiesen wird.

Die enthaltenen Absätze mit Hintergrundinformationen zu Asbest haben uns sehr gut gefallen.Es gibt eine Spielhilfe, die mit DIN A4 Format, beidseitig bedruckt, recht umfangreich ausfällt.


Wer ein Spiel um solch ein schwieriges Thema entwickelt, der möchte nicht nur Spielspaß vermitteln, sondern aufmerksam machen. Bemerkenswert ist die Art und Weise, wie in THE COST der moralische Konflikt thematisiert wird. Ganz nüchtern werden die Fakten und Hintergrundinformationen in der Anleitung vermittelt. Nirgends wird mahnend ein Finger gehoben.

Es bleibt den Spielern überlassen, wie sie agieren. Lediglich zum Spielende steht geschrieben, dass sich alle Spieler noch einmal genau anschauen sollen, was geschehen ist, ob ein Spieler nie einen Arbeiter zur Gewinnoptimierung geopfert hat, ob der Sieger durch den Verzicht auf teure Sicherheitsmaßnahmen gewonnen hat. Zuweilen ergibt sich ein erschreckend realistisches Bild, denn es ist klar, dass dies nicht fern der Realität ist und es fällt leicht, sich übertragbare Szenarien vorzustellen, z.B. wissentlich unterlassene Rückrufaktionen in der Automobilbranche, die Menschenleben gekostet haben.

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Das schwierige Thema wird sehr unterschiedlich von den Spielern aufgenommen und ist stark abhängig davon, wie sehr sich Spieler auf THE COST einlassen. Kommentare reichten von „Was stört es mich, wenn so ein Meeple stirbt“, bis hin zu „.. mein Mitarbeiter ist gestorben“ - „Nein, du hast ihn getötet“.

THE COST möchte zum Denken anregen und das macht es souverän.

Doch auch die beste thematische Umsetzung in einem Spiel taugt wenig, wenn der Spielmechanismus nicht motiviert. THE COST weiß aber auch hier zu überzeugen. Dabei sind nicht nur die moralischen Entscheidungen fordernd, sondern auch der Schwierigkeitsgrad. Einordnen würden wir das Spiel auf Grund der Spieltiefe als Kennerspiel mit Tendenz zum Expertenspiel. Dabei können die Regeln von einem erfahrenen Spieler recht schnell vermittelt werden.

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THE COST ist sehr interaktiv, bietet großartige Spielmechaniken und lässt die Spieler mit harten Bandagen um die Marktführerschaft kämpfen. Eine gute Planung bei der Streckenführung und dem Bau der Häfen ist essentiell. Ein Wechsel in der Strecken- oder Hafenhoheit kann die Spielsituation grundlegend verändern. Die Lieferung von Asbest in eine Mühle der Konkurrenz kann den Mitspieler stark in Bedrängnis bringen. Spätestens wenn ein Staat ganz dicht macht, sind Emotionen angesagt.

Die anspruchsvolle Mechanik wird Planer herausfordern, ihre Strategien zu optimieren. Dadurch ergibt sich ein hoher Wiederspielwert. Durch die Nutzung eines Staaten-Tableaus je Spieler funktioniert THE COST sehr gut mit jeder Spieleranzahl, mit steigender Spielerzahl wird es allerdings dynamischer und es gibt mehr zu beachten.

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Sehr innovativ ist auch die Auswahl der Aktionen durch das Besetzen eines Eckpunkts dreier Felder. Allein dieser Schritt Bedarf einer guten Planung und kann schnell einem Gegner einen Strich durch die Rechnung machen, z.B. wenn die letzte Hafenbau-Aktion weggeschnappt wird.

Zu kritisieren gibt es wenig. Neben den bereits angemerkten Kleinigkeiten beim Spielmaterial und der Anleitung, besteht ein kleines Risiko, dass es in Phase 1 durch Grübler zu längeren Wartezeiten kommen kann. Generell sind die einzelnen Aktionen aber eher kurz und durch die hohe Interaktion ist es ohnehin spannend zu verfolgen, wie die Mitspieler agieren.

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In unseren Spielen wussten alle die innovativen Spielmechaniken zu schätzen, allerdings konnte das schwierige Thema letztendlich nicht jeden abholen. Sicherlich wird es einige Spieler geben, die sich in ihrer Freizeit nicht mit einer doch erschreckenden Thematik auseinander setzen wollen.

Wir sind jedoch der Meinung, dass alleine der Mut, sich an solch kritisches Thema heranzuwagen, Achtung verdient, schließlich steckt durchaus auch ein finanzielles Risiko dahinter. THE COST vermittelt einen nachhaltigen Eindruck, vor allem wenn ganz nüchtern am Ende der Anleitung informiert wird, dass Asbest trotz der Risiken bis heute in einigen Ländern verarbeitet wird. Stand 2019 z.B. in Brasilien, China, Indien, Russland und in den Vereinigten Staaten von Amerika. Darüber hinaus bietet THE COST eine tolle, innovative und vor allem auch interaktive Spielmechanik. Somit ist THE COST aus unserer Sicht ein Leckerbissen für Liebhaber anspruchsvoller Spiele.

 

Wertung zum spiel

 

Bilder vom Spiel

Tags: Ressourcenmanagement, Serious Game, 75 Minuten, Wirtschaftsspiel, 2-4 Spieler

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