TEST // Concerto

TEST // Concerto

Verfasst von Michael Tomiak am . Veröffentlicht in Brettspieltest

Skelling Games hat uns freundlicherweise ein Exemplar von „Concerto“ zur Verfügung gestellt, damit wir uns in die kleine bis große Orchesterwelt stürzen und euch von unserem Ausflug auf die Konzertbühne berichten können.

Wer schon immer mal gerne ein ganzes Orchester nach seiner Pfeife tanzen lassen wollte und nichts lieber mag, als bei schief gelaufenen Vorstellungen anderer laute Buh-Rufe durch die Gegend zu schmettern, ist bei „Concerto“ aller bestens aufgehoben. Aber Vorsicht – ein zu weites Vorlehnen von den Balkonen könnte schnell zum eigenen Waterloo führen, wenn das Gedächtnis nicht mehr ganz so recht mitspielen möchte, dich die Aktionen des Gegenübers völlig aus dem Konzept bringen oder du einfach nicht die passenden Künstler findest, um dein Orchester für die angedachten Musikstücke zu besetzen.

Concerto – Beherrsche den Takt deines Orchesters

Ein ganzes Orchester müsst ihr sein

In „Concerto“ von Newcomer Autor Uwe Bursik schlüpfen 2-4 Spieler in die Rolle von Dirigenten, die ein Orchester zusammenstellen und anschließend eins von drei verfügbaren Musikstücken leiten müssen. Das Spiel beginnt damit, dass jedem Spieler 5 Instrumentenkarten und 1 Sonderkarte ausgeteilt werden. 2 der Instrumente können sofort ins Orchester ausgelegt werden, während die verbleibenden 4 Karten auf der Hand der Spieler bleiben. In seinem Zug hat jeder Spieler die Wahl zwischen den Aktionen ein Instrument ins Orchester zu legen, beliebige Karten von der Hand auszutauschen, eines der Musikstücke auszutauschen, eine Sonderkarte auszuspielen oder ein Musikstück zu dirigieren. Wer als erster eine bestimmte Punktzahl durch Dirigieren erspielt hat, hat das Spiel gewonnen.

Es gibt insgesamt 9 verschiedene Instrumente, die unterschiedlich häufig vorkommen. Das Augenmerk liegt hinsichtlich der Zusammenstellung des Orchesters auf den ausliegenden Musikstücken, die es zu spielen gilt, um Siegpunkte einfahren zu können. Denn nur dann, wenn sämtliche für das Stück geforderten Instrumente auch im Orchester vorhanden sind, kann das Stück gespielt werden. Unterteilt sind die Stücke in 3 Schwierigkeitsstufen, wobei von jeder Schwierigkeitsstufe eines ausliegt und sich unter anderem durch die Anzahl der benötigten Instrumente unterscheiden.

Concerto – Beherrsche den Takt deines Orchesters

Musiker sind oftmals ein neidisches Völkchen, weswegen es nicht gestattet ist, mehr als ein Instrument von jeder Sorte im Orchester zu haben. Prinzipiell nicht so schlimm, mag mancher vielleicht meinen, was ich habe, habe ich ja. Stimmt, allerdings nur so lange, bis ein Stück gespielt wird. Bei Erfolg lässt sich ein Teil des Orchesters nämlich gleich abwerben, was nichts anderes bedeutet, als dass ein Instrument nach Wahl, das am Erfolg beteiligt war, abgelegt wird. Bei Misserfolg sieht es dann so aus, dass das versagende Instrument kurzerhand gefeuert wird und ebenfalls auf dem Ablagestapel landet. Ein Mangel an Instrumenten kann zum Glück nicht entstehen, da am Ende eines Zuges immer wieder so viele Instrumente nachgezogen werden, dass 3 auf der Hand des Spielers sind und beim nächsten Zug wieder ausgelegt bzw. ausgetauscht werden können.

Silenzio im Saal und volle Konzentration

Während das Zusammenstellen des Orchesters und das Aufdecken der drei Musikstücke ein gewisses Glückselement mit sich bringen, ist das Dirigieren selbst eine reine Erinnerungsarbeit. Denn jedes Mal, wenn ein Instrument ausgelegt wird, wird diesem eine Schlagfigur zugeordnet, die eine bestimmte Bewegung mit dem Taktstock vorgibt. Der Dirigent darf sich diese Figur genau einmal beim Auslegen anschauen und muss sich diese einprägen. Die Schlagfigur wird danach so vor die Instrumentenkarte gestellt, dass der Spieler selbst nur die schwarze Rückseite sieht, während die Mitspieler die Figur erkennen können. Nach der Entscheidung, ein Stück zu spielen, ist die auf der Musikstückkarte angezeigte Reihenfolge der Instrumente nun an Hand der Schlagfigur vorzuspielen. Die Mitspieler achten darauf, dass die gespielte Figur, mit der des gespielten Instruments übereinstimmt. Passt sie nicht, wird dies durch laute Buhrufe quittiert und der Versuch gilt als gescheitert. Ist bis zum letzten Instrument alles korrekt, dürfen die Mitspieler in frenetischen Jubel ausbrechen oder begeistert klatschen. Bei eher introvertierten Zeitgenossen reicht auch ein anerkennendes Kopfnicken, um den Erfolg zu bestätigen.

Concerto – Beherrsche den Takt deines Orchesters

Lampenfieber, Intrigen und Co.

Als wäre es nicht schon schwer genug, sich bei den ausgelegten Instrumenten die zugehörende Schlagfigur zu merken, von denen es immerhin sechs verschiedene gibt, hält das Spiel noch die eine oder andere Gemeinheit in Form von Sonderkarten bereit. Hiermit können die Spieler sich gegenseitig ärgern, indem z.B. Instrumente zwischen Orchestern ausgetauscht oder Spielfiguren im Orchester vertauscht werden. Über Sonderkarten ist es aber auch möglich, positive Effekte für sich selbst zu nutzen, z.B. sich eine Schlagfigur noch einmal anzusehen oder frei eine Instrumentenkarte vom Nachziehstapel einsetzen zu können.

Eine besondere Form von Sonderkarten sind die Dirigentenkarten, die bei der Maestro-Variante des Spiels zum Einsatz kommen. Sollte es einem irgendwann zu einfach vorkommen, selbst die schwierigsten Stücke zu dirigieren, bieten die Meisterdirigenten mit Namen wie Kerbert von Harajan oder Mustav Gahler noch einmal zusätzliche Hürden, die beim Dirigieren der Stücke und der Zusammenstellung des Orchesters beachtet werden müssen.

Die Materialfrage - Stradivari oder eher vom Discounter?
Die Schlagfiguren sind aus schwarzlackiertem Holz und vor dem ersten Spiel müssen zunächst einmal die verschiedenen Schlagfigur-Aufkleber aufgeklebt werden. Der Taktstock wirkt ein wenig klein geraten, reicht zum Spielen aber allemal aus. Die Spielfiguren sind ebenfalls aus Holz gefertigt, das Spielbrett zum Zählen der Punkt ist aus festem Karton. Zudem gibt es noch 164 Karten mit kleineren Grafiken und schlichter Gestaltung, die allerdings sehr gut zum Thema passt.


Das Rad erfindet „Concerto“ sicherlich nicht neu. Im Kern ist es ein Memoryspiel, das von der Mechanik prinzipiell nichts wirklich Neues liefert. Neu und interessant ist allerdings das Gewand, in das es hier gesteckt wurde. Es gibt dem altbekannten Memorygedanken einen frischen Wind. Anstelle von Zeichnen oder Aufdecken wird nun in die Luft die hoffentlich passende Dirigentenbewegung gemacht, um das gewünschte Instrumenten zum Spielen zu animieren. Sehr schön und teils auch sehr witzig!

Allerdings steckt in dem Spiel letzten Endes halt nur ein Memory-Spiel, was nicht unbedingt immer jedermanns und -fraus Sache ist. Bei diesem Genre scheiden sich die Geschmäcker ähnlich schnell wie bei Helene Fischer und „Atemlos“. Bei Familienabenden werden Memory-Spiele gerne auf den Tisch gebracht, da hier jüngere Spieler oftmals einen Vorteil haben gegenüber dem mit den Jahren immer zerstreuteren Kopf von Erwachsenen. Dieser Punkt fällt bei „Concerto“ weniger ins Gewicht, da das Thema eher Erwachsene ansprechen und für viele Kinder zu blass und uninteressant erscheinen dürfte.

Von der Idee her mit den Buhs und DaCapos hätte „Concerto“ sicherlich das Zeug zum Partyspiel. Dies aber auch nur dann, wenn es nicht ums Gewinnen geht, da in lockerer Runde wahrscheinlich Instrumente schneller entlassen werden, als sich Spielfiguren auf dem Punktezähler in Richtung Ziel bewegen. So erscheint als passendste Runde zum Spielen der ruhige Sonntagnachmittag mit voller Konzentration, z.B. wenn die Verwandtschaft zu Besuch ist und etwas Gehaltvolles auf den Tisch kommen soll. Der Vorteil in diesem Fall sind die nicht allzu komplizierten Regeln und die überschaubaren Handlungsmöglichkeiten, die für einen schnellen Einstieg sorgen. Das Spiel für Zwischendurch ist „Concerto“ aber sicherlich nicht.

Bilder vom Spiel

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Tags: 2-4 Spieler, Musik, Memory

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