Test | Trench Club

Test | Trench Club

Fans des Wargame-Genres haben in den meisten Fällen eine große Auswahl an Spielen und Schauplätzen der Geschichte zur Verfügung. Während einige Schauplätze öfter vorkommen, werden manche eher vernachlässigt. Die Autoren von „Trench Club“ haben sich dazu entschlossen, den Ersten anstatt den Zweiten Weltkrieg als Setting zu auswählen. Im Spiel übernimmt die Spielgruppe die Rolle von Generälen im Konflikt zwischen Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Österreich-Ungarn. In den Auseinandersetzungen kann dabei nur auf die Technik des frühen 20. Jahrhunderts zurückgegriffen werden. Berittene Infanterie, erste Panzerfahrzeuge und Propellerflugzeuge dominieren das Schlachtfeld, während um Bunkeranlagen oder Grabenstellungen gekämpft wird. Aber konnte „Trench Club“ der Vorlage wirklich gerecht werden und dabei ein eigenes Spielgefühl erzeugen?

 

infos zum spiel

PKB Games hat uns "Trench Club" freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

Darum geht es im Spiel

In „Trench Club“ kämpfen zwei Fraktionen um die Vormachtstellung in Mitteleuropa. Nacheinander werden Armeen aktiviert und so in Stellung gebracht, dass strategisch wichtige Punkte auf dem Spielfeld gehalten oder die gegnerischen Armeen in Schach gehalten werden können. Anders als in vielen anderen Wargames gibt es in „Trench Club“ kein Szenarienbuch, wodurch sich die Partien auf den Konflikt der teilnehmenden Parteien konzentrieren und nicht auf unterschiedliche Zeitpunkte des Kriegsverlaufes eingehen.

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Je nachdem wie viele Personen am Spiel teilnehmen, übernehmen alle die Kontrolle über mindestens eine Armee, die jeweils aus einer gleichen Anzahl an Truppen besteht. Jede Fraktion besitzt grundlegend die gleichen Einheiten und greift auf sehr ähnliche Einheitenwerte zurück. Lediglich einige wenige spezielle Einheiten unterscheiden sich voneinander, sodass jede der vier Fraktionen kleine Besonderheiten aufs Spielfeld bringt und sich damit einzigartiger anfühlt. Alle Werte einer Einheit sind auf einem fraktionseigenen Übersichtsblatt einzusehen. Jede Einheit besitzt einen bestimmten Bewegungs-, Lebenspunkt- und Trefferwert, der während der Spielrunde Auskunft darüber gibt, ob die eigene Einheit vernichtet wurde oder ob und wie oft sie getroffen hat.

Auch das Kampfsystem von „Trench Club“ ist so konzipiert, dass alle Einheiten auf Basis ihrer verbliebenen Lebenspunkte agieren können. Ist eine Einheit geschwächt, ist sie nicht mehr so effizient, wie eine Einheit mit vollen Lebenspunkten. Besitzt eine Einheit noch alle Lebenspunkte werden zwölf 12-seitige Würfel geworfen und die Ergebnisse auf den Trefferwert der Einheit überprüft. Je mehr Schaden bisher angesammelt wurde, desto weniger Würfel stehen zur Verfügung. Die Anzahl der Treffer wird mit dem Wundenwert der getroffenen Einheit verrechnet und anschließend überprüft, ob diese aus dem Spiel ausscheidet.

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Wird eine Einheit durch den Angriff verwundet oder sogar zerstört erhält die eigene Einheit Erfahrungspunkte. Durch die so angesammelte Kampferfahrung verbessern sich die Einheiten in insgesamt drei Abstufungen. Damit kann es sich lohnen eine Einheit besonders zu schützen, um diese mit immer mehr Erfahrung zu versorgen. Ist eine Einheit aber sehr beschädigt ist noch lange nicht alle Hoffnung verloren. Durch das gezielte Einnehmen von Bunkeranlagen können Kriegsanleihen verdient werden. Befindet sich eine beschädigte Einheit in einer eigenen Bunkeranlage, kann sie mittels der Anleihen repariert werden. Wurden genug Kriegsanleihen angespart, können auch zusätzliche Einheiten erworben werden. Das Spiel endet, sobald eine Fraktion alle Bunkeranlagen sichert oder die gegnerischen Fraktionen vollständig zerstören konnte.

Um dem Spiel ein wenig Variation zu geben, können sich Spielgruppen entscheiden jede der unterschiedlichen Fraktionen auszuprobieren oder das Spielfeld umzudrehen. Hier wird das eisige Schlachtfeld von einem sommerlichen Grabenkampf abgelöst. Dadurch werden diverse Regelvariationen hinzufügt, wodurch sich diese Spielvariante vor allem für etwas erfahrenere Spielgruppen eignet. Wer noch mehr Variation einbringen möchte, kann sich Spezialeinheiten einer kleinen separat erhältlichen Erweiterung aufs Schlachtfeld holen. Anhand von Kriegsschiffen, Luftschiffen und Giftgaswerfern erhält das Spielfeld neue taktische Herangehensweisen, die das Spiel stark beeinflussen können. Besonders ist, dass diese Sondereinheiten jeder Fraktion zustehen können und ebenfalls mit Kriegsanleihen gekauft werden. Welche Spezialeinheit dadurch erworben wird ist dabei immer dem Zufall überlassen, sodass sich die Strategien der Fraktionen nicht darauf verlassen können eine bestimmte Spezialeinheit zu erhalten.


„Trench Club“ war nach den WWII-Spielen, die ich in der Vergangenheit auf dem Tisch hatte, eine willkommene Abwechslung. Besonders gefallen hat mir hier, dass sich das Spiel vom Schwierigkeitsgrad und der Komplexität zwischen „normalen“ Brettspielen und Wargames einpendelt. „Trench Club“ hält sich nicht zu stark mit unterschiedlichen Truppenstrukturen oder detaillierten Regeln für jede Eventualität auf, wodurch es sich weniger gut mit den größeren Vertretern des Wargame-Genres vergleichen lässt. Einerseits hilft es sehr, dass das Regelbuch knappe 12 Seiten umfasst, andererseits geht dies auch zu Lasten des historischen Hintergrundes. Da alle Armeen die gleiche Truppenstärke haben und sich nur durch die besonderen Einheiten unterscheiden, lässt das Spiel zwar flüssig und ausgeglichen spielen, nimmt dem historischen Hintergrund aber auch seine Präsenz.

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Für ein Brettspiel dieser Art ist es nicht relevant, wie sich die Wirtschafts- und Militärstuktur der Länder auf dem Schlachtfeld widerspiegelt, jedoch erwarten Wargame-Fans oft solch detaillierte Umsetzungen. Auch fühlte es sich ein wenig seltsam an, dass alle Einheiten über die gleiche Anzahl an Lebenspunkten verfügen und Infanterie einem Panzer genauso gut Schaden zufügt, wie anderen Infanteriemodellen. Dieser Kampfmechanismus macht zwar das Gesamtkonstrukt des Spiels leicht verständlich, aber dennoch ist das für das Genre generell schon sehr ungewöhnlich.

Nichtsdestotrotz empfand ich das Kampfsystem als eine der großen Stärken des Spiels. Dadurch, dass immer viele Würfel geworfen werden, wird der Glücksfaktor berechenbarer. Insbesondere den Zugewinn von Stärke durch die Kampferfahrung der Truppen ist schnell und gut zu spüren. Die individuellen Fraktionseinheiten hätten durchaus vermehrt auftreten dürfen, jedoch machen die vorhandenen Einheiten einen guten Job. Sie fühlen sich besonders an und verändern die Strategie für jede Fraktion ein wenig.

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Das Spielmaterial von „Trench Club“ ist gut. Die Einheitenmodelle unterscheiden sich gut voneinander, die Bügelperlen, die zur Darstellung von Lebens- und Erfahrungspunkte herangezogen werden (was gleichzeitig eine brillante und einfache Lösung dafür ist) funktionieren klasse und die beigelegten Spielreferenzen sind klar und eindeutig. Leider haben die Modelle keinerlei Bezeichnung oder Symbole, anhand derer sie schneller erkannt werden könnten. Besonders zu Anfang sind alle Figuren sehr fremd und es ist eine ziemliche Arbeit, die Identität eines jeden Modells herauszufinden. Auch etwas unglücklich empfand ich, dass die Spezialmodelle in schwarz und die Modelle für Deutschland grau dargestellt sind. Unglücklich ist das deshalb, da die Truppen Frankreichs und Großbritanniens farbgleich mit ihrer Spielreferenz sind. Die Farbe der Spielreferenz für Deutschland ist schwarz und die Österreich-Ungarns ist grau, während es die Modelle nicht sind. Ich weiß nicht, ob es nur mir so ging, aber das hat bei mir zu stärkeren Problemen geführt, als es wohl eigentlich sollte.

Eine nette Idee, die aber leider für Neulinge eher ein Reinfall ist, sind die Schnelllernregeln im Regelbuch. Hier sollen Spielgruppen schnell und ohne großes Regeln lesen ins Spiel einsteigen können, was aber nicht so wirklich gelingen will. Einige Regelpassagen sind sehr vage gehalten, da sie die detaillierteren Regeln vorauszusetzen scheinen. Es lohnt sich damit eher, direkt mit diesen einzusteigen. Die Schnellregeln stellen jedoch eine gute Ergänzung für alle Spielgruppen dar, die nach langer Pause einen Wiedereinstieg vagen wollen und die Grundkonzepte noch präsent haben. Auf der anderen Seite sind die Regeln generell sehr leicht verständlich und mit sehr guten Beispielen unterlegt, sodass die Regellektüre nicht allzu lang dauern sollte.

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„Trench Club“ lässt trotz seiner Makel ein positives Bild zurück. Es lässt sich leicht spielen und es bietet eigenständige Mechaniken und Konzepte, von denen sich auch größere Ableger etwas abschauen dürfen. Es bietet viel Spielspaß für Spielgruppen, die gerne viele Würfel werfen und denen es nicht zu wichtig ist, welche Auswirkungen ein schneebedeckter Stein auf Feld G8 im Gegensatz zu einem moosbedeckten Stein auf Feld K6 auf die Geschwindigkeit und das Schießverhalten der gesamten Armee hat.

Spielgruppen, die ihre Wargames gerne so detailgetreu und abwechslungsreich wie nur möglich gestalten wollen, werden hier jedoch eher enttäuscht. Das fehlende Szenarienbuch und die sehr große Ähnlichkeit bezüglich der Truppenstärke und -fähigkeiten sorgen für weniger Abwechslung und historischer Tiefe, als es für andere Vertreter des Genres üblich ist.

 

Wertung zum spiel

 

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Tags: 1-4 Personen, 120-240 Minuten, Kampfstrategie, Erster Weltkrieg, Kriegsspiel

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