Prototyp | Stress Botics

Prototyp | Stress Botics

„Stress Botics“ nennt sich ein Spiel mit dem sich der spanische Verlag „2 Tomatoes Games“ auf den deutschen Markt behaupten möchte. Das bunte Spiel, das am 16.02 in der Spieleschmiede gestartet ist, lässt Spielgruppen kleine Roboter durch einen fremden Planeten marschieren, um wichtige Ressourcen abzubauen. Doch lasst euch von seinem bunten Äußeren nicht täuschen. Hinter „Stress Botics“ steckt ein bretthartes Strategiespiel, das den bekannten Vital-Lacerda-Spielen in Sachen Komplexität in nichts nachsteht. Wir hatten die Möglichkeit uns das Spiel im „Tabletop Simulator“ erklären zu lassen und das Spiel bereits anzutesten. Wie war unser erster Eindruck und ist „Stress Botics“ wirklich nur etwas für die Hartgesottenen?

 

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Der erste Eindruck

In „Stress Botics“ wird versucht, kleine quadratische Roboter durch einen Planeten zu lenken, um die besten Ressourcen abbauen zu können. Ziel des Spiels ist es, die abgebauten Ressourcen am effektivsten und vor allem rechtzeitig zu den Transportschiffen zu schaffen, bevor diese zu weit vom Planeten entfernt sind. Die Kernmechanik in „Stress Botics“ ist „Pick up and Deliver“, die mit kleineren Mechaniken wie dem „Programmieren” der eigenen Roboter oder leichten „Ressourcenmanagement“- und „Enginebuilder“-Elementen versehen sind. Während der „Pick up and Deliver“-Aspekt relativ klar auf der Hand liegt, sind die anderen Elemente etwas versteckter. So muss jeder Roboter während eines Spielzuges zunächst mit Programmen programmiert werden, damit dieser sich an die Arbeit machen kann. Jede Person wählt dafür in Zugreihenfolge eine von drei Aktionsoptionen aus: abbauen, verbinden oder laufen. Je nachdem wie weit sich die eigenen Bots vom zentralen Hauptbot (der sich ebenfalls, gesteuert vom Spiel, über das Feld bewegt) befinden, werden unterschiedlich viele Karten gezogen, mit denen der eigene Bot versehen werden kann. Während zu Beginn nur zwei Programmierplätze frei sind, werden nach und nach mehr Plätze freigeschaltet, sodass (je nach Personenzahl) drei oder vier Plätze zur Verfügung stehen.

 

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Wurden die Karten gezogen, werden sie anschließend verdeckt in einer ausgewählten Reihenfolge auf die Programmierplätze gelegt. In Zugreihenfolge werden diese Programme der Reihe nach ausgeführt, wobei es wichtig ist, dass ein Bot auf ein Programm verzichten kann. Hat Person A zum Beispiel eine Aktion ausgeführt, die Person B im darauffolgenden Zug ausführen wollte und wurde der Plan damit zerstört, kann Person B sich dazu entscheiden, die Aktion nicht auszuführen.

Die meisten Aktionen in „Stress Botics“ erklären sich von selbst. Mit dem „Abbauen“ werden je nach Raumart des Bots und Kerndruck im Raum Ressourcen generiert, die in den eigenen Lagerräumen platziert werden. Durch die Aktion „Gehen“ können die Bots sich innerhalb des Planeten auf eingezeichneten Wegen hin und herbewegen. Schließlich bleibt die Aktion „Verbinden“ mit der sich eine Verbindung zu bestimmten Räumen und/oder zum zentralen Hauptbot aufbauen lässt, um bestimmte Sonderaktionen durchzuführen.

 

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Dass meine Beschreibung der Aktionen ein wenig oberflächlich wirkt, hat einen bestimmten Grund. Jede Aktion und jedes Feld in „Stress Botics“ hat eine Vielzahl an Verzahnungen mit anderen Feldern oder Sonderregeln, die harmonisch zusammenarbeiten. So müssen im Spielzug die unterschiedlichsten Abgängigkeiten geprüft werden. Wie gestalte ich die Lagerräume damit a) alles passt und b) eingelagerte Lava meine anderen Ressourcen nicht einschmilzt? Wie bleibe ich in der Nähe des zentralen Bots, während ich zu den Räumen gelangen muss, um die notwendigen Ressourcen zu erhalten? Schaffe ich es rechtzeitig zu Raum X, um den Kerndruck des Planeten auszunutzen zu können? Und wie bekomme ich rechtzeitig genug Ressourcen UND gelange an die Oberfläche, um meine Ressourcen abzugeben, bevor die ganze Arbeit umsonst war?

 

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Spielgruppen müssen an vielen Stellen ihre Multitasking-Fähigkeiten beweisen, wodurch das „Stress“ in „Stress Botics“ nicht nur ein Titel ist. Als wenn das nicht schon Problem genug wäre, können andere Personen oder vom Spiel gesteuerte Bots den eigenen Pläne dazwischenfunken. Im Kern ist „Stress Botics“ damit ein kompetitives Spiel, besitzt aber auch semikooperative Elemente. Kümmert sich niemand um die Gegner, verlieren alle das Spiel, schafft es aber eine Person alle Gegner zu besiegen, erhält dieser eine große Menge an Ressourcen, um die anderen abzuhängen.

 

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jesper meine meinung überschrift

Auch wenn ich „Stress Botics“ nur digital „anfassen“ konnte, bemerkte ich an allen Ecken, wie viel Hirnschmalz in jede Mechanik, jede Regel und jeden Wert gesteckt worden ist. Während der Regelerklärungen des Spiels wurde ich mehrfach an „on Mars“ oder „Escape Plan“ von Vital Lacerda erinnert, die auch nicht unbedingt mit ihrer Zugänglichkeit punkten.  Der Fokus liegt darauf, ein thematisches und gut ausbalanciertes Spielgefühl für Experten auf den Tisch zu bringen. „Stress Botics“ geht in beinahe allen Bereichen in dieselbe Richtung. Insbesondere die Regeln sollten aber lieber nicht unterschätzt werden, da das Regelbuch mit satten 70 Seiten erschlagend wirken kann.

Dabei handelt es sich bei „Stress Botics“ eigentlich nur um die Hälfte des zuerst angedachten Spieles. Während der Entwicklung wurde das Spiel nämlich halbiert und in ein Grundspiel und eine dazugehörige Erweiterung eingegliedert. Möchte die Spielgruppe „Stress Botics“ also so spielen wie der Autor es sich zuerst vorgestellt hat, muss das Spiel mit der Erweiterung gespielt werden, die das Spielfeld und den Regeltext um einige Passagen und Mechaniken erweitert.

 

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Damit die Regeln während des Spielverlaufes klar bleiben, setzt „Stress Botics“ auf eine beinahe sprachneutrale Regelübersicht anhand von unterschiedlichen Symbolen und Piktogrammen, die sich immer wiederholen. Die größte Hürde des Spiels ist es also, sich die unterschiedlichen Symbole einzuprägen, woraufhin das Spiel immer leichter zu verstehen sein soll. Während unserer Partie wurde mir schnell klar, dass „Stress Botics“ aber kein Spiel „für zwischendurch“ ist. „Stress Botics“ ist ein Spiel, das mehrfach gespielt werden möchte. Erst bei mehrfachem Spiel eröffnen sich die Möglichkeiten der unterschiedlichen Aktionen und Kombinationen wirklich und erst dann lässt sich „Stress Botics“ in seiner Gänze erleben. Spielgruppen, die noch nicht allzu viel Erfahrungen mit Spielen dieses Kalibers haben, werden durch die sehr thematische Umsetzung ein wenig aufgefangen, da sich viele Regelfragen durch simple Logik erschließen lassen. Während des ersten Spiels hat das äußerst gut funktioniert, sodass ich dieses Konzept als sehr elegante Lösung wahrgenommen habe.

 

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„Stress Botics“ hat mich bei meinem ersten Spiel wirklich erschlagen und ich kann nicht betonen, wie dankbar ich bin, dass mir das Spiel in der ersten Partie schrittweise erklärt worden ist. Wie so oft bei Spielen, die sich noch in der finalen Finanzierung befinden ist das Regelbuch dahingehend aber noch nicht fertig. An einigen Stellen wird noch herumgebastelt sowie Hilfen und Anmerkungen eingebaut, die insbesondere Neulingen den Einstieg erleichtern sollen.

Die Zeit wird zeigen, wie die finale Version von „Stress Botics“ schlussendlich aussehen wird, aber dennoch kann ich sagen, dass mir meine erste Partie sehr gefallen hat. Die Spieltiefe ist enorm, der Wiederspielwert ist durch das sich verändernde Spielfeld, unterschiedliche Fähigkeiten und die flexiblen Haupt- und Nebenziele des Spiels gegeben und das Thema sowie die thematische Umsetzung sind überzeugend. „Stress Botics“ könnte also insbesondere für Experten und Strategen interessant sein, wobei es niemanden ausschließt, die sich in diese Welten vorwagen möchten.

 

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