Test | Casting Shadows
Als sich der Staub legte und das Echo der Berge vom Knall verstummte, konnte ich meinen Augen kaum trauen. Aus dem eben noch kleinen, süßen Fuchs, alle nannten ihn nur KIT, war auf plötzlich ein furchteinflössender Kämpfer geworden. Mit seinen vier Fuchsschwänzen wirbelte er die dunklen Wolkenfetzen um sich herum kräftig durcheinander. Was hier geschah, schauen wir uns jetzt genauer an.
Das Spiel wurde gekauft. Auf die Wertung hat dies keinen Einfluss!
"Casting Shadows" ist ein zugbasiertes Arenaspiel für ein bis sechs Personen, das etwa 30 bis 60 Minuten dauert. Während des Spiels bewegen die Spieler und Spielerinnen ihre Charaktere durch eine magische Welt, sammeln Ressourcen, lernen neue Zaubersprüche und setzen diese gegen die Mitspielenden ein. Der letzte Überlebende, der nach dem Showdown noch steht, gewinnt schließlich das Spiel.
Jede Person am Tisch wählt einen Charakter, nimmt das entsprechende Charaktertableau und die Spielfigur. Das Charaktertableau ist doppelseitig, wobei die eine Seite die Grundform des Charakters und die andere Seite die Schattenform darstellt. Auf der rechten und linken Seite der Charaktertableaus befinden sich Drehscheiben. Während des Spiels kann damit die Schattenenergie und Lebensenergie eingestellt werden. Schattenenergie wird durch das Absorbieren von Schattenfragmenten gesammelt. Lebensenergie kann regeneriert oder durch Schaden gesenkt werden. Jedes Mal, wenn der Charakter Schaden erleidet, wird das Rad um die Menge des erlittenen Schadens nach unten gedreht. Wenn die Lebenspunkte zu irgendeinem Zeitpunkt den Wert Null erreichen, stirbt der Charakter und scheidet aus dem Spiel aus.
Das Spiel beginnt immer in der Grundform des Charakters. Die Anzeige der Lebenspunkte steht auf Maximum und die Schattenenergie startet bei null. Neben dem Charaktertableau sollte etwas Platz für das Zauberbuch eingeplant werden. Im Laufe des Spiels sammeln alle Spieler und Spielerinnen Zauber- und Ressourcenkarten, die im Zauberbuch abgelegt werden. Das Zauberbuch hat dabei maximal Platz für fünf Karten plus Begleiter. Wer Platz im Zauberbuch braucht, kann Karten auf den Ablagestapel entsorgen.
Das modulare Spielfeld wird aus Hexfeldern zusammengesetzt. Im Spiel mit ein bis vier Personen befinden sich in der mittleren Reihe die drei Hexfelder "Uralte Runen", "Staubige Wüste" und "Unterirdischer Vulkan". Im Spiel zu fünft und sechst wird noch die "Kristallgruft" ergänzt. Oberhalb und unterhalb der Mitte vervollständigen die Heimatfelder der einzelnen Charaktere das Spielfeld. Der Nachziehstapel mit den Gegenzaubern kommt neben das Wüstenfeld. Aus dem Hauptkartenstapel wird noch je eine Karte aufgedeckt links und rechts neben den Hexreihen gelegt. Die restlichen Karten des Hauptdecks bilden einen Nachziehstapel. Der letzte Kartenstapel besteht aus den Begleitern. Die obersten drei Karten werden daneben aufgedeckt. Begleiter können herbeigerufen werden und schließen sich dem Charakter an. An letzter Stelle werden die Spielfiguren auf den entsprechenden Heimatfeldern gestellt.
Jede Runde besteht aus drei Phasen. In der ersten Phase wird mit den fünf Ressourcenwürfeln ermittelt, welche Ressourcen zur Verfügung stehen. Alle Hexfelder gewähren einen bestimmten Bonus. Es gibt die vier Ressourcentypen Edelsteine, Kugeln, Schattenfragmente und verfluchte Kristalle. Die Edelsteine und Kugeln gibt es in den Farben Rot, Blau und Violett. Wobei Violett als Joker für Rot oder Blau genutzt werden kann.
In Phase zwei kann jeder vier der insgesamt sechs Aktionen ausführen. Es ist möglich dieselbe Aktion mehrfach und beliebiger Reihenfolge durchzuführen. Außerdem können auch weniger als vier Aktionen genutzt werden. Zur Verfügung stehen die Aktionen "Reisen", "Zaubern", "Neu würfeln", "Schützen", "Aktualisieren" und "Sammeln". Außerdem kann in dieser Phase die jeweilige Ulti des Charakters eingesetzt werden, sobald dieser fünf Schattenenergie besitzt. Das Zünden der Ulti verbraucht keine Aktion aber die gesamte Schattenenergie.
Mit der Aktion "Reisen" wird die Spielfigur vom aktuellen Sechseckfeld auf ein beliebiges angrenzendes Feld bewegt. Die Aktion "Zaubern" erlaubt es einen Spruch aus dem Zauberbuch zu wirken. Es gibt Angriffszauber, Umwandlungszauber und Gegenzauber. Angriffszauber liegen offen im Zauberbuch aus und fügen Gegnern Schaden zu. Gegenzauber liegen für die anderen Personen am Tisch verdeckt im Zauberbuch und können bei einem Angriff auf den eigenen Charakter eingesetzt werden. Umwandlungszauber verändern eine Ressource in eine andere. Jeder Zauber kann nur einmal pro Runde genutzt werden und verbraucht Ressourcen. Wird die Aktion "Neu würfeln" genutzt, kann eine beliebe Anzahl von Würfeln neu gewürfelt werden, ausgenommen sind verfluchte Kristalle. Ein verfluchter Kristall kann mit der Aktion "Schützen" entfernt werden. Die Karten, die offen neben den Hexfeldern liegen können mit der Aktion "Aktualisieren" jeweils erneuert werden. Mit der sechsten Aktion "Sammeln" können Sprüche, Gegenzauber oder Ressourcen in das Zauberbuch verschoben werden.
Zeit für die dritte und letzte Phase. In dieser Phase werden alle verbliebenen Schattenfragmente absorbiert. Das Drehrad für Schattenenergie auf dem Charaktertableau wird entsprechend erhöht. Ist der Maximalwert in der Grundform erreicht, verwandelt sich der Charakter in seine Schattenform. Außerdem erhält er einen der drei Begleiter. Bevor der Zug endet, muss noch der Schaden durch verfluchte Kristalle berücksichtigt werden. Danach ist die nächste Person am Zug und spielt die drei Phasen durch. Das Ganze wird so lange wiederholt, bis nur noch ein Charakter auf dem Spielfeld steht.
Fangen wir mit dem Offensichtlichen an, das mich am meisten begeistert hat. Das ist das wunderschöne Artwork von "Casting Shadows". Alle Spielkomponenten, von den Hexfeldern über die Charaktertableaus bis hin zu den Spielfiguren, sind besonders farbenfroh und detailliert gestaltet. Jeder Held hat ein einzigartiges Heimathexfeld, das zu seinem Charakter passt. Die Spielfiguren gibt es in zweifacher Holzausführung. Eine kleine Version für die Grundform des Charakters und eine für die Schattenform. Die Schattenversion hat den gleichen Farbton, wie die Grundform, nur ein Tick dunkler. Auch die Ressourcen sind durch farbintensive Symbole auf den Würfeln dargestellt. Ich denke, dass Menschen mit einer Farbsehschwäche damit keine Probleme haben werden. Alle Karten haben ein elegantes Design, das benötigte Ressourcen über eindeutige Ikons zeigt. Wichtige Informationen zu den Zaubern, wie zum Beispiel die Reichweite, sind optisch sehr gut dargestellt.
Leider ist das Spielmaterial aber inkonsistent. Da sind zum einen die tollen Spielertableaus mit Drehrad für Schattenenergie und Lebenspunktanzeige. Beim Wechseln in die Schattenform steht die Lebenspunktanzeige auf der anderen Charakterseite genau richtig – toll. Dann aber nur ein dünnes DIN A5 Referenzblatt, das auch noch zur Hälfte gefaltet ist. Auf diesem Referenzblatt stehen sehr wichtige Informationen über die Bonusfähigkeiten der unterschiedlichen Hexfelder. Hier hat es UNSTABLE GAMES verpasst genau diese Infos direkt auf die Hexfelder zu bringen, denn diese sind schließlich groß genug. Was auch absolut fehlt ist eine Übersicht, welche Aktionen oder besser wie viele Aktionen schon genutzt wurden. Dies führt oft zu der Frage "Meine wievielte Aktion war das?" und somit zu einer Rekonstruktion der Ereignissen, was im Endeffekt unnötige Downtime bedeutet. Ein Spieltableau mit allen sechs Aktionen, auf die Charaktermarker gelegt werden, fehlt schlichtweg. Gleiches gilt eigentlich auch für das Zauberbuch. Abgesehen davon wirkt das Spiel insgesamt sehr hochwertig. Schon der mattschwarze Kartonschuber mit Spotlackveredelung sieht sehr schön. Die Spielbox hat an einer Seite einen Magneten und lässt sich so elegant auf- und zuklappen.
Besonders positiv hervorzuheben ist die Verarbeitung der Heldentableaus. Die Drehrädchen sitzen perfekt und sind bereits vormontiert. Die Spielschachtel hat einen guten Plastikeinsatz zur Aufbewahrung fast aller Spielkomponenten. Aber eben nur fast, denn der Würfelturm passt im aufgebauten Zustand leider nicht in die Schachtel. Immerhin wurde der Platz für gesleevte Karten berücksichtigt. Was ich auch vermisse, sind etwas mehr Informationen zu den einzelnen Figuren. Zwei bis drei Sätze hätten locker auf die Charaktertableaus gepasst, um einfach etwas mehr Tiefe zu vermitteln.
Das Regelwerk hat 24 Seiten. Eine Seite ist etwas größer als DIN A6. Der Text ist durch eine angenehme Schriftgröße gut lesbar und wird durch zahlreiche Beispiele aufgelockert. Leider hat das Regelwerk Schwachstellen. Fragen wie "Wird ein Gegenzauber ausgelöst, wenn der Schaden tödlich für das Ziel ist?" oder "Wird der verfluchte Kristall nach dem Wirken des Zaubers "Unheimlicher Schrei" entfernt?" bleiben offen. Was ich auch nicht verstanden habe ist, dass es sechs Meeple für die Grundform gibt aber acht Meeple für die Schattenform. Für jede Person gibt es eine kleine Spielhilfekarte mit einer Kurzerklärung der sechs Aktionen aus Phase 2. Allerdings sind beide Seiten gleich bedruckt. Ich finde, der Platz hätte besser genutzt werden können. Nicht im Regelwerk enthalten, aber bei BGG downloadbar ist der offizielle Solomodus. Ich habe ihn nicht getestet. Den Kommentaren zufolge scheint dieser aber auch nicht ausgereift zu sein.
Ja, "Casting Shadows" ist zu zweit spielbar, aber oft führen die Kämpfe zu absurd langen Pattsituationen oder dank Würfelglück zu schnellen Siegen bzw. Niederlagen. Zu dritt wird es schon spannender, aber dann kommt es oft zu der bekannten Situation "Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte". Deshalb ist mein persönlicher Favorit das Spiel zu viert.
Die angegebene Spielzeit von 30 bis 60 Minuten ist stimmig. Partien zu zweit sind in 20 bis 30 Minuten spielbar, wenn das Regelwerk sitzt. Bei größeren Gruppen kann es auch schon mal eine Stunde dauern, bis das Spiel beendet ist. Hier wird "Casting Shadows" meist etwas langatmig. Für manche Mitspielende kommt das Ende aber auch schneller als gedacht. Das kann frustrierend sein, weil man dann das Geschehen nur noch als Zuschauer verfolgen kann.
In allen Spielen war es bisher das Ziel, so schnell wie möglich in die Schattenform zu wechseln. Das liegt daran, dass es viele Zaubersprüche gibt, gegen die die Schattenform immun ist. Gegenzauber sind auch fast immer die erste Wahl, da sie den Charakter zu einem unattraktiven Ziel machen. Es ist auch stets ein Wettlauf um die beste ausliegende Zauberkarte. Ansonsten heißt es aufs Würfelglück hoffen und Zauber raushauen so gut es geht. Wirklich taktische Spieltiefe konnte ich nicht entdecken. Eher, dass bestimmte Charaktere und deren Hexfelderboni teilweise stärker sind als andere.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ok. Die Exclusive Edition enthält einiges mehr an Material als die Standardversion. So ist das Spiel zu sechst statt zu viert möglich. Außerdem liegen der Version drei Hexfelder mehr bei und insgesamt 15 Karten zum Zaubern, Kontern und Umwandeln. Ach, und natürlich vier weitere Begleiter.
"Casting Shadows" ist auf jeden Fall ein Familienspiel mit tollem Artwork und viel Interaktion. Die Kämpfe machen das Spiel sicherlich zu einem immersiven Erlebnis, aber in der vorliegenden Form konnte mich das Spiel leider nicht wirklich begeistern. Pokemon-Fans könnten an dem Spiel Gefallen finden. Ansonsten gibt es meiner Meinung nach bessere gestreamlinte Arenaspiele mit Player Elimination Mechanismus.
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Bilder zum Spiel
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Tags: Area Movement, 1-6 Personen, Familienspiel