TEST // Tyrannen des Unterreichs
Die Drows aus dem Dungeons&Dragons- Universum gelten generell nicht als sonderlich friedlich. Auch wenn der wohl Bekannteste unter ihnen, Drizzt Do’Urden, zur Sorte der Weltenverbesserer gezählt werden darf, zieht ein Großteil des Volkes es eindeutig vor
, Messer wahlweise hinterrücks oder vorderrücks in die Personen zu rammen oder zu werfen, die ihnen beim Schritt zur nächsten Stufe der Macht im Weg stehen. Und in genau diesen steten Machtkampf tritt man als Spieler in „Tyrannen des Unterreichs“ ein und versucht, auf jedwede Art und Weise die Herrschaft im Drowreich an sich zu reißen.
Asmodee hat uns freundlicherweise ein Exemplar „Tyrannen des Unterreichs“ zur Verfügung gestellt, damit wir für euch die Macht- und Spaßverhältnisse im Reich der Drows genauestens unter die Lupe nehmen können.
Karten an die Macht!
„Tyrannen des Unterreichs“ ist ein Strategiespiel, das Area-Control- und Deckbuilding-Elemente miteinander vermischt. Umschreiben werden kann die Mechanik im weitesten Sinne als eine Mixtur aus „Risiko“ und „Marvel Legendary“, die hinsichtlich der strategischen Tiefe nur leicht unter der Oberfläche kratzt und somit überschaubare Komplexität bietet. Mit Rodney Thompson ist zwar einer der beiden Co-Autoren des bei Strategen beliebten „Lords of Waterdeep“ Teil des schöpferischen Teams, doch einmal abgesehen von der Dungeons&Dragons-Lizenz, verbindet die beiden Spiele nur wenig.
Spielziel von „Tyrannen des Unterreichs“ ist es, am Ende des Spiels mehr Punkte zu haben als die Mitspieler. Gesammelt werden Punkte auf verschiedene Art und Weise. Die erste ist es, die Kontrolle über eines der Gebiete auf dem Spielbrett zu erkämpfen. Hierzu müssen mehr eigene Einheiten auf dem entsprechenden Gebiet stehen als feindliche oder neutrale. Sind darüber hinaus alle Einheitenfelder in einem Gebiet mit eigenen Einheiten besetzt und dadurch das Gebiet unter der vollständigen Kontrolle, gibt es Extrapunkte bei der Abrechnung. Während des Spiels gemeuchelte (=aus dem Spiel entfernte) gegnerische Einheiten geben weitere Punkte ebenso wie Karten im eigenen Deck. Die Höhe der Kartenwertung fällt unterschiedlich aus, je nachdem ob die Karten sich im aktiven Deck befinden oder während des Spiels in den inneren Zirkel befördert (=aus dem Deck aussortiert) wurden. Zu guter Letzt gibt es auch noch die Möglichkeit, über Städte vollständige Kontrolle zu erlangen und dadurch bereits während jeder Runde Siegpunkte zu erhalten.
Jeder Aufstieg ist schwer
Vor Beginn des Spiels muss zunächst entschieden werden, mit welcher der 4 Schurken-Sets gespielt wird. Bei den Schurken handelt es sich um die Karten, die von den Spielern auf dem Markt eingekauft werden können. Zur Wahl stehen Drows, Drachen, Elementare und Dämonen, die jeweils unterschiedliche Eigenarten haben. Grundsätzliche Werte, die in jedem Set vorkommen, sind Einfluss und Macht. Über Einfluss können Karten vom Marktplatz gekauft werden, über Macht ergeben sich die Möglichkeiten, eigene Truppen zu platzieren, gegnerische Einheiten zu meucheln oder gegnerische Spione vom Feld zu nehmen. Zugriff auf Einheiten der Gegner gibt es allerdings nur dann, wenn diese an das Feld einer eigenen Einheit bzw. eines eigenen Spions ansiedeln.
Im Laufe einer Partie geht es vor allem darum, sein Deck immer weiter zu optimieren, effektivere und stärkere Karten zu kaufen und die eigenen Einheiten strategisch auf dem Spielfeld zu platzieren. Das Spielfeld selbst ist in 3 Zonen aufgeteilt und je nach Anzahl der Spieler werden 1-3 Zonen bespielt. Welche Taktik mit welchem Schwerpunkt verfolgt wird, kann für jedes Spiel recht unterschiedlich ausfallen. Eine strategische Methode ist der offene Kampf um die Gebiete. Dabei können gegnerische Einheiten gezielt gemeuchelt und Gebiete immer wieder von der Kontrolle der Gegner befreit werden, während es eigene Anstrengungen gibt, möglichst viel Kontrolle zu erlangen. Eine weitere Strategie ist es, den Gegner zu blockieren und sein Deck möglichst ineffektiv aussehen zu lassen. Hierzu gibt es u.a. die Möglichkeit, die guten Karten vom Marktplatz zu verschlingen, was nichts anderes bedeutet, als dass sie über einen Ablagestapel aus dem Spiel genommen werden. Sind die Dämonen Teil des Schurken-Decks, gibt es zudem die „Wahnsinnige Ausgestoßenen“-Karten, die nichts andere machen als das Deck zuzumüllen. Zu guter Letzt gibt es auch noch die Möglichkeit, eigene Karten in den inneren Zirkel zu befördern und sie somit bei der Punktezählung wertvoller zu machen und evtl. auch noch das eigene Deck von lausigen Karten zu befreien.
Zu Ende ist eine Partie „Tyrannen des Unterreichs“, wenn alle Nachziehkarten vom Schurkenstapel aufgebraucht oder bei einem Spieler keine Einheiten mehr verfügbar sind. In diesem Fall wird die aktuelle Runde noch zu Ende gespielt, bevor es an die Auswertung geht. In der Regel wird das Ende der eigenen Einheiten zum Spielende führen, das Aufbrauchen des Schurkenstapels wird eher nur bei einem Spiel mit den maximalen 4 Spielern das Ende einläuten.
Das Material, aus dem Helden gemacht sind
Die Schachtel macht einen recht großen Eindruck, ist aber nicht komplett gefüllt. Ein wenig Luft ist unter dem Sortiereinsatz aus Plastik noch vorhanden. Nicht ganz glücklich sind die Fächer für die Karten ausgelegt, da diese bei einem hochkanten Aufstellen der Box gerne ihren Inhalt rausrutschen lassen. Dafür können die Plastikfigürchen für Einheiten und Spione problemlos und sicher in den beiliegenden Tüten verpackt und zusammen mit Punkte-, Stadt-, Innerer Zirkel- und Startspielermarkern verstaut werden. Die Spielertableaus, auf denen in knappen Worten u.a. die Handlungsmöglichkeiten vermerkt sind und die ansonsten als Ablage für Nachzieh- und Ablagestapel dienen, passen formgenau in das Fach, worüber anschließend das stabile Tableau für den Marktplatz und das nicht minder feste Spielbrett gelegt werden können, welche eine gute Unterlage für die Anleitung bieten.
Soweit so gut, allerdings gibt es auch klare Kritikpunkte. Gleich ins Auge fällt, dass die Farbwahl für die vier zur Wahl stehenden Häuser sehr unglücklich gewählt wurde. Es ist klar, dass neongrün für Drows wenig passend wäre, aber dunkelgrau und dunkelblau, bzw. dunkelorange und dunkelrot sehen sich bei nicht ganz hellem Licht so ähnlich, dass es teils schwierig ist, die Farben auseinanderzuhalten. In diesem Fall wäre eine deutlichere Abstufung klar besser gewesen. Beim Spiel zu zweit kann das Problem leicht umgangen werden, bei 3 oder 4 Spielern muss für gute Lichtverhältnisse am Spieltisch gesorgt werden.
Ein weiterer Kritikpunkt sind die Karten. Dass diese auf dem Kartenrücken ziemlich langweilig aussehen und netterweise vielleicht noch als 80er-Retro Design bewertet werden können, ist zu verschmerzen. Das Material, in dem die Karten gefertigt wurden, hinterlässt aber nur gedämpfte Freude. Es entstehen relativ schnell Gebrauchspuren und die äußeren Kanten nutzen sich durch das häufige Mischen ab. Gerade bei einem Spiel, das mit knapp 80 € in die Läden kommt, ist dies ein klares Manko.
Tags: Deckbauspiel, Strategie, Area Control, Fantasy