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TEST // DAIMYO

TEST // DAIMYO

Der normale Werdegang eines handelsüblichen Brettspiels beginnt üblicherweise mit einer ersten Idee. Grob zusammengefasst wurde diese erste Idee nach einiger Zeit und Arbeit anhand einer zentralen Spielmechanik und einer anregenden Thematik zu einem spielbaren Brettspiel geschmiedet, das wir auf unseren heimischen Spieltischen genießen können. Bei DAIMYO scheint diese Entwicklung aber nicht ganz nach „Norm“ verlaufen zu sein. Warum? Während der Spielentwicklung schien die Frage nach der Spielmechanik mit einem allumfassenden „Ja“ beantwortet worden zu sein, woraufhin scheinbar alle bekannten Spielmechaniken untergebracht wurden. Aber kann das überhaupt funktionieren?


daimyo info

 

GRIMSPIRE hat uns DAIMYO freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.

Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

 

Darum geht es im Spiel!

 

Bei DAIMYO übernehmen Spielerinnen und Spieler die Rollen von Anführern in einer postapokalyptischen Version Japans, die um den Kaiserthron ringen. Spielziel ist es, Siegpunkte zu erringen, indem der eigene Einfluss in den unterschiedlichen Gebieten ausgebaut wird, alte Relikte wiederhergestellt werden, die beste Truppe zusammengestellt und/oder die eigene Produktion auf Vordermann gebracht wird. Nur wenn die Mitspielenden den Überblick über die unterschiedlichen Optionen und die Machenschaften ihrer Gegner behalten, können sie den Sieg davontragen.

 

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Während eines Spielzuges müssen alle mitspielenden Personen im Uhrzeigersinn einen zuvor gewürfelten Würfel aus der zentralen Auslage wählen und diesen auf ihr eigenes Spieltableau legen. Die Würfel und die Aktionsflächen des Spieltableaus besitzen zudem Farben, die angeben, welcher Würfel für welches Aktionsfeld genutzt werden kann. Die Würfelzahl des Würfels ist für die Auswahl der Aktionsfelder nicht von Bedeutung, jedoch darf das Würfelergebnis nicht verändert werden (dazu aber gleich mehr).

Ist der Würfel ausgewählt und auf eine Aktionsfläche gelegt, muss die damit zusammenhängende Aktion ausgeführt werden. Bei Aktionsflächen haben Spieler und Spielerinnen die Auswahl zwischen einer blauen Aktion (Erweiterung des eigenen Lagerplatzes und ggf. erhalt des Erst-Spieler-Markers), 2 grünen Aktionen (Produktion und Ausgrabung), 2 roten Aktionen (Rekrutierung und Bau), sowie 1 farblosen Aktion, bei der die Farbe des Würfels nicht von Bedeutung ist.

 

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Bei jeder dieser 6 Aktionen können die Spielerinnen und Spieler einen Würfel pro Spielrunde einsetzen und da die Spielrunde endet, sobald alle Personen drei Würfel auf ihr Spieltableau abgelegt haben, ist die Reihenfolge dieser Aktionen von großer Bedeutung. Zusätzlich kommt hinzu, dass manche Würfelfarben häufiger vorkommen als andere, womit manche Aktionen wertvoller werden. Während Spieler und Spielerinnen zu Beginn noch alle Möglichkeiten offenstehen, da sie durch ihr eigenes Startkapital genug Materialien haben, um beispielsweise zu Rekrutieren oder zu bauen, so müssen sie sich schnell selbst versorgen. Ist die Planung des Spielzuges nicht gut durchdacht, gehen die Ressourcen schnell aus und müssen mit einer Produktion-Aktion aufgefüllt werden, die wiederrum nur funktioniert, wenn bereits passende Arbeiter:innen rekrutiert worden und taktisch klug auf dem Spielfeld platziert worden sind. In DAIMYO kann es damit schnell passieren, dass sich die Mitspielenden selbst in eine Sackgasse manövrieren, sobald sie den Überblick über die eigenen Optionen verloren haben.

Eine besondere Hilfe für die eigenen Pläne sind die Handkarten, die für alle am Spiel teilnehmenden Personen einzigartige asymmetrische Vorteile bringen. Um eine Handkarte ausspielen zu können, werden nun die Würfelergebnisse der Würfel des eigenen Spieltableaus wichtig. Jede Handkarte besitzt nämlich ein kleines Würfelergebnis mit einer Zahl im Zentrum. Entspricht der addierte Wert aller Würfel des eigenen Spieltableaus exakt dieser Zahl, kann die Karte ausgespielt werden. Während die Startkarten aller Spielerinnen und Spieler die Werte drei, fünf und sieben besitzen, können am Ende jeder Spielrunde neue Helden für den eigenen Kartenstapel gekauft werden, die noch höhere Würfelergebnisse benötigen. So stellt DAIMYO sicher, dass nicht nur die Würfel mit hohen Werten wertvoll sind, sondern auch die kleinen Ergebnisse gerne gewählt werden.

 

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Die Würfelergebnisse beeinflussen neben den Karten die jeweiligen Clanfähigkeiten der mitspielenden Personen. Alle Spieler und Spielerinnen verfügen von Beginn an über eine besondere asymmetrische Fähigkeit, die ihnen einen gewissen Vorteil für bestimmte Spielweisen offenlegt. Möchten Mitspielende diese Fähigkeit aktivieren, so benötigen sie dafür einen kombinierten Würfelwert von 13+, wobei sich Würfelergebnisse mit geschickten Tricks auch im Spielverlauf selbst manipulieren lassen, um dieses Ziel auch mit kleinen Würfelergebnissen zu erreichen.

Während die Siegpunktsysteme von DAIMYO stark auf das Sammeln von Sets wie verschiedenen Reliktteilen oder der Errichtung vieler eigener Gebäude setzen, ist eine der zentralen Mechaniken in diesem Bereich der Einfluss auf den unterschiedlichen Gebieten des Spielfeldes. Am Ender jeder Spielrunde muss die Spielgruppe jede Einflussleiste des Spielfeldes überprüfen und den ersten sowie zweiten Platz des Einflusses feststellen (bei Gleichstand werden die Siegpunkte geteilt). Diese beiden Platzierungen erhalten je nach Rundenzahl eine festgelegte Menge an Siegpunkten, die am Spielfeldrand abgelesen werden können. Während es in der ersten Runde noch relativ wenig Siegpunkte auf diese Art verteilt werden, steigt die Siegpunktzahl in der fünften und letzten Spielrunde stark an.

Zusätzlich können Spielerinnen und Spieler während des Spiels ausliegende Ziele erreichen, wobei es auch hier einen ersten und einen zweiten Platz zu erreichen gilt. Haben alle das Spielziel in ihrem Spielzug erfüllt, können sie einen Spielmarker auf die entsprechende Stelle der Zielkarte legen und dafür Siegpunkte und eventuelle andere Boni erhalten. Die Ziele werden zu Beginn des Spiels zufällig aus einem Zielkartenstapel gezogen, wodurch immer wieder unterschiedliche Spielweisen belohnt werden.

 

Spielvarianten

Während der normale Spielverlauf mit drei oder vier Personen gespielt wird, bietet DAIMYO für Spielgruppen aus zwei Personen, sowie Personen die solo spielen wollen, einen jeweils eigenen Modus mit neuen Mechaniken an. Da der Spielverlauf von DAIMYO stark auf den Konkurrenzkampf in der Einflussleiste der Gebiete setzt, werden in diesen beiden Modi KI-Mechaniken eingesetzt, um den Spielern und Spielerinnen den Weg ein wenig zu erschweren. Während die KI-Mechanik im Zweier-Modus noch von den Mitspielenden selbst kontrolliert wird, übernimmt im Solo-Modus ein eigener Kartenstapel die Kontrolle. Zusätzlich unterscheiden sich diese Modi zum Hauptspiel darin, dass der Zweier-Modus eine eigene Spielfeldseite mit reduzierten Gebieten und der KI-Mechanik am Rand des Spielfeldes besitzt, während der Solomodus über unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und spezielle Herausforderungen verfügt, denen sich Spielerinnen und Spieler stellen können.

 

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Was ist in der Box?

Das Grundspiel von DAIMYO besitzt eine Fülle von unterschiedlichstem Spielmaterial. Neben den 140 Holzmarkern in Fraktionsfarben (die alle über spezielle Formen verfügen) sind 52 Spielkarten, 4 Clantableaus, 13 Würfel, 21 Solokarten und unterschiedlichste Token für Ressourcen und sonstige Bereiche enthalten.

Die generelle Qualität des Spiels hat seine Höhen und Tiefen. Der Höhepunkt des Materials bilden die Holzmarker in Fraktionsfarben. Diese sind nicht nur in abstrakte Farben unterteilt, sondern besitzen je nach Art des Markers eine eindeutig erkennbare Form, damit die Funktion des Markers mit einem Blick erkannt werden kann. Zusätzlich verfügen die Arbeiter:innen, alle über eine kleine Besonderheit für die unterschiedlichen Fraktionsfarben, sodass diese auch unabhängig der Farbe einer Spielfraktion zugeordnet werden können.

Negativ sind zwei Bereiche hervorzuheben. So bestehen die Spieltableaus sowie die Bautableaus aus sehr dünner einseitig bedruckter Pappe, was zwar ihre Funktion nicht einschränkt, aber die Langlebigkeit und den qualitativen Eindruck des Spiels schmälert. Der zweite Punkt ist die grafische Darstellung des Spielfeldes für 3 und 4 Mitspielende, da diese zum einen sehr überladen wirkt und zum anderen die kleinen Fraktionsmarker (die unter anderem den Einfluss in diesen Gebieten anzeigen) in der farblichen Gestaltung vollkommen untergehen. Insbesondere Personen mit Farbschwäche haben es in DAIMYO besonders schwer, da die Hauptfarben Rot, Grün und Blau eine entscheidende Rolle spielen. Natürlich ist dies zu umgehen, indem die Spielgruppe gefragt wird, um welche Farbe es sich wobei handelt, aber dennoch gibt es viele Bereiche, bei denen es von Vorteil ist, die farbliche Verteilung mit einem Blick erkennen zu können. Insbesondere die Rot- und Grünverteilung hätte effektiver gelöst werden können.

 

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Positiv ist jedoch wiederrum das Artwork und die künstlerische Gestaltung der Karten und der Spielschachtel. Der Sci-Fi-Japano-Mix verfolgt eine rote Linie und gibt der Spielgruppe einen Einblick in die Spielwelt von DAIMYO. Auch sind die Regeln sehr ausführlich und detailliert dargestellt, sodass kaum Regelfragen offenbleiben. Durch die alleinige Länge des Regeltextes und seiner Erklärungen sollten Spielgruppen aber eine etwas längere Lernphase beim ersten Spiel einplanen.

 


deniz meine meinung überschrift

DAIMYO ist ein besonderes Spiel. Noch nie hatte ich ein Spiel auf dem Tisch, das versuchte die eierlegende Wollmilchsau zu sein und einfach alle Spielmechaniken einbringen wollte. Noch überraschender für mich war es, dass es auch noch so gut funktionierte. Das Setcollecting, Enginebuilding, Diceworkerplacment vermischt mit herkömmlichem Workerplacement und das Deckbuilding gehen nahtlos ineinander über, sodass sich eine gut geölte Maschine ergibt, die am besten immer weiter mit Kohle versorgt werden möchte. Den Überblick während des Spiels zu behalten ist dabei nämlich nicht immer ganz einfach. Insbesondere die asymmetrischen Clanfähigkeiten und Startkartenstapel sind da aber eine recht gute Hilfestellung, da die Spielenden hier eine gewisse Rahmenhandlung für ihren Spielverlauf erhalten können (wenn sie es denn möchten).

Mit den verschiedenen Wegen Siegpunkte zu erhalten, lässt sich DAIMYO nämlich auf unterschiedlichste Art und Weise spielen, ohne dass sich die Spielgruppe zu sehr in den Weg kommt. Natürlich ist es essentiell darauf zu achten, was die gegnerischen Fraktionen vorhaben und dann zu intervenieren, wenn es zu viel wird. Wie viel Fraktionsinteraktion aber erwünscht ist, überlässt DAIMYO der Spielgruppe. So kann direkt bei Spielaufbau entschieden werden, bestimmte Karten aus dem Kartenstapel auszusortieren, die das Spiel aggressiver machen. Dies dürfte allen zugutekommen, die weniger Konfrontationen mögen.

 

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Spielgruppen die oft von großen, komplex anmutenden Spielen abgeschreckt sind, könnten sich in DAIMYO täuschen. Versteht mich nicht falsch. DAIMYO ist ein überraschend platzeinnehmendes Spiel, bei dem der Überblick für Neulinge zu Wünschen übrig lassen kann und die Fülle an Optionen und Mechaniken die zeitgleich im Auge behalten werden müssen ist insbesondere bei unerfahrenen Spielgruppen auch keine leichte Aufgabe. Ich hatte das Vergnügen DAIMYO mit zwei Community-Mitgliedern unseres BSN-Discords, sowie meiner alten und meiner neuen Spielgruppe zu spielen und vor jedem Spieldurchlauf kamen genau diese Problematiken auf. Umso überraschender war es, dass die Regelerklärung in knapp 10-15 Minuten komplett durch war und keinerlei Regelfragen mehr nach der ersten Spielrunde aufkamen. Die Mechaniken gehen so flüssig ineinander, dass sich die Regeln wie von selbst erklären, sobald ein genereller Überblick gegeben worden ist. Auch das erschlagende Spielfeld wurde vor dem geistigen Auge plötzlich geordneter, wodurch der Überblick mit jeder Runde besser wurde. DAIMYO gelingt es damit, komplexe Strukturen durch gute Regeltexte und gute Mechaniken problemfrei zu gestalten, während eine Person, die das Spielgeschehen nur betrachtet ohne diesen Einblick von Beginn bis Ende keine Ahnung hat, was da eigentlich alles grade passiert (wir haben den Test gemacht).

Trotz dieser sehr guten Voraussetzungen ist DAIMYO aber nicht für alle geeignet. Durch seine vielfältigen Optionen von unterschiedlichen Clans und Siegpunktmöglichkeiten ist DAIMYO ein Spiel, dass sich erst bei mehrfachem Spielen vollständig erfassen lässt. Insbesondere bei erfahrenen Spielgruppen können auch die asymmetrischen Clanfähigkeiten problematisch werden, da manche Fähigkeiten gewissen Spieltypen einen sehr großen Vorteil geben könnten, während andere schwieriger im Umgang sind. Solange alle Spielerinnen und Spieler über den gleichen Erfahrungsschatz verfügen, dürfte das ein geringeres Problem sein, sollten aber Neulinge dabei sein, sind definitiv Hausregeln von Nöten, die gewisse Clans für erfahrenere Personen verwehren.

Auch ist die reine Materialschlacht und die Dauer des Spiels nichts für alle, da das Spiel mit Auf- und Abbau gut und gerne 3 Stunden + in Anspruch nehmen kann, wodurch es nicht „mal eben“ auf den Tisch kommt, sondern schon eine größere Unternehmung ist.

 

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Ein wenig schade ist es unserer Meinung nach auch, dass das Thema des Spiels (wie es in einem Euro-Game der Normalfall wäre) auf der Ersatzbank sitzt. Das Thema dient nur dem Design des Artworks, was dafür aber einen außergewöhnlich guten und erfrischenden Eindruck macht. Fans von thematischen Spielen werden aber in DAIMYO enttäuscht, solange sie sich nicht mit einem sehr guten Artwork zufriedengeben lassen.

Unterm Strich ist DAIMYO etwas für Spielgruppen, die sich gerne in Spiele stürzen, die über das übliche Maß eines Brettspiels hinausgehen. Spielgruppen für die herkömmliche Workerplacements zu gewöhnlich sind und sich mehr von einem Brettspiel erhoffen, kommen mit DAIMYO auf ihre Kosten. Menschen mit Farbschwäche und Spielgruppen, die gerne kurze knackige Spiele auf dem Tisch haben, wären hier aber wohl schlecht beraten.

 

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Tags: Enginebuilder, Workerplacement, 1-4 Spieler

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