Test | Merchants of the Dark Road
Finster sind die Nächte in diesem Teil der Welt. Ein eisiger Wind fegt Schneewehen durch den Wald aus kahlen Bäumen, während eure Kutsche knarrend den Windungen der Straße folgt.
Stoisch zieht euer Tier das Gefährt durch die Dunkelheit. Nur eine Lampe spendet ihr warmes Licht und hält so die Schwärze um euch herum in Schach. Schweigend zieht die Karawane durch die Nacht. Und wenn alles gut geht, steht am Ende dieser Reise der „Merchants of the Dark Road“ ein hübscher Ertrag.
Das Spiel wurde uns kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf die Bewertung hat dies keinen Einfluss!
Ein Licht in der Finsternis
Nur mit einem Wagen samt Zugtier, einem Reisegast und einer Ware ausgestattet, brechen die frischgebackenen Händlerinnen und Händler in ihre ungewisse Zukunft auf. Sieben Nacht- und ein Lichtwürfel stehen allen zur Verfügung. Einmal genutzt, ist es schwer, an einen neuen Lichtwürfel zu kommen und sie sollten deshalb wohl überlegt eingesetzt werden.
Mit jeder Runde schwindet auch ein Nachtwürfel bis nach sechs Runden und insgesamt 13 Aktionen alle Würfel verbraucht sind und das Spielende erreicht ist.
Bei Spielbeginn besetzen drei Würfel mit den Werten von 1-3 die Aktionsfelder des Wagens. Im eigenen Zug wählen ihre Besitzer stets einen dieser Würfel und setzen ihn auf das Bewegungsfeld. Ein Nachtwürfel aus dem Vorrat rutscht dann auf das frei gewordene Aktionsfeld.
Aufgrund eines Überschusses an Einbahnstraßen bewegen sich alle Handelskarren stets im Uhrzeigersinn von einer Kreuzung zur nächsten. Der Bewegungswürfel diktiert, wie weit ein Karren gezogen werden muss. Im Anschluss dient der genutzte Würfel zur Aktivierung eines Ortes, der an die Kreuzung angrenzt.
In der Taverne können neue Reisegäste angeworben werden, während der große Basar die Manipulation der Warenpreise ermöglicht und auf dem Schwarzmarkt immer ein paar nützliche Waren zu bekommen sind. Schließlich gibt es noch einen Ort für Lieferaufträge und den namensgebenden Teil des Spielbretts: die dunkle Straße. Hier finden sich sechs Ortschaften. Zu ihnen wollen Reisegäste und Waren gebracht werden.
Nun ist eben diese Reise nicht gerade ungefährlich. Doch: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ausgestattet mit einem tierischen Begleiter und vielleicht ein paar lichtspendenden Laternen, kann die Reise angetreten werden.
Es gilt zwischen der dunklen Straße und einer Abkürzung zu wählen, die natürlich auch Risiken birgt. Da trifft es sich meist gar nicht schlecht, dass die Mitspielenden entscheiden dürfen, ob sie sich der Reise anschließen möchten. Angesichts schwindender Nachtwürfel ist diese Möglichkeit meist eine willkommene Gelegenheit für Profite.
Alle Händlerinnen und Händler sammeln Ansehenspunkte und Geld. Da ein Geschäftskonto allerdings Privatsache ist, wird der eigene Reichtum geheim gehalten. Für einen Sieg kommt es auf Punkte und Geld an, denn nach sechs Runden und einer letzten finalen Expedition über die dunkle Straße gilt nur der kleinere von beiden Beträgen als Basis. Hinzu kommen noch eventuelle Siegpunkte durch geheime Aufträge.
Die Person mit den meisten Punkten gewinnt.
Effizienz ist der Schlüssel
Ungeachtet, ob es sich nun um die normale oder die Deluxe-Variante des Spiels handelt, sieht „Merchants of the Dark Road“ fantastisch aus! Andrew Bosley, der schon bei „Everdell“ seine zauberhafte Art von Magie einfließen ließ, hat auch hier ganze Arbeit geleistet. Alles wirkt lebendig und erzählt von dieser Welt aus grimmiger Kälte und zarter Wärme. Fast ist es möglich, die warmen Atemwolken in der kalten Luft zu sehen. Eine so immersive Gestaltung ist einfach ein Fest für die Augen und lädt direkt zum Spielen ein.
Wer willens ist, mehr Geld auszugeben, kann das normale Spielmaterial durch zahlreiche Zusatzpäckchen ersetzen. Neben den fast schon obligatorischen Metallmünzen kommen so auch Kunstharzkristalle, kleine Laternen und zusätzliche Karten ins Spiel. Die beiliegenden Sichtschirme weichen dann kleinen bestickten Stoffbeuteln.
Der Preis für all diese Extras ist durchaus beträchtlich, spielbar und spaßig ist „Merchants of the Dark Road“ natürlich auch ohne sie.
Wie in jedem Lieferspiel und auch passend für das Handelsthema geht es im Kern um Effizienz. In jeder Partie setzen die Spielerinnen und Spieler schließlich nur 13 Würfel ein. Da gilt es möglichst viel mit möglichst wenig zu erreichen.
Eine feste Strategie für den Sieg gibt es zum Glück nicht. Die ständig wechselnden Wertigkeiten der Waren, das wechselnde Angebot an Lieferaufträgen, Reisenden und Stadtgebäude erfordern eine laufende Anpassung und somit taktisches Geschick.
Nicht zuletzt sorgen die Bewegungswerte der Würfel für eine spürbare Einschränkung.
In diesem Geflecht aus Optionen einen gewinnbringenden Pfad zu finden, ist die Herausforderung des Spiels an seine Spielerinnen und Spieler. Besonders zu Beginn einer Partie oder in den ersten Spielen kann es dabei zu längeren Grübel-Pausen kommen.
Da mit jeder Runde die Würfel schwinden, entwickelt sich aber mit zunehmender Spieldauer eine gewisse Geschwindigkeit.
Dunkle Hieroglyphen
Ein deutliches Problem sind die Piktogramme des Spiels. Fast alles wurde versucht, durch Bilder darzustellen. Leider gelingt es nicht immer, die Bedeutung direkt zu erfassen und ein Blick auf die Symbolübersicht auf der Rückseite des Regelheftes muss dann Klarheit schaffen.
Das reicht aber meist aus.
Besonders die beiliegenden Spielhilfekarten helfen beim Überblick über das Spielgeschehen. Häufig stellt sich die Frage, wie ein bestimmter Gegenstand zu bekommen ist und genau in diesen Situationen geben diese Karten eine klare Antwort.
So stimmungsvoll die dunkle Gestaltung des Spiels ist, so schwierig ist es auch bei schlechterer Ausleuchtung alle Details auf den Karten zu erkennen. Besonders in Vollbesetzung ist es über den großen Spielplan hinweg schlicht unmöglich, alle Kleinigkeiten noch zu erkennen.
Freundliche Mitspielende können da natürlich aushelfen, es erfordert dann aber ein wenig Merkfähigkeit.
Dabei ist „Merchants of the Dark Road“ besonders in Partien mit drei bzw. vier Personen zu empfehlen. Grund dafür ist die Regelung für das Mitreisen, wenn eine Person die dunkle Straße befährt, um eine Lieferung zu machen. Je mehr Personen spielen, desto häufiger kommt es zu diesen Expeditionen ins Dunkle und umso effizienter wird das eigene Wirtschaften.
Die Würfel-Bewegungsmechanik ist nicht ganz intuitiv. Spätestens nach der ersten Partie sollte die Gewöhnungsphase aber abgeschlossen sein.
Das Spiel dauert gerne zwei Stunden. Die angegebenen 60 Minuten werden höchstens von erfahrenen Händlerinnen und Händlern erreicht. Und durch das viele Material braucht auch der Aufbau etwas Zeit.
Uneingeschränkt empfehlenswert ist „Merchants of the Dark Road“ also leider nicht. Da die Entscheidungen im Spielverlauf aber schwierig bleiben und die Reisemechanik auch die Züge der Mitspielenden interessant macht, ist die lange Spielzeit dennoch gut gefüllt. Die Wertungsmechanik am Spielende sorgt dann für die finale Spannung, denn der Ausgang ist immer knapp.
„Merchants of the dark Road“ konnte uns mit den stimmigen Illustrationen und der Atmosphäre, die es vermittelt, auf Anhieb faszinieren. Wir haben die Standard-Version gespielt und schielen ein wenig neidisch auf die Deluxe Komponenten, denn die sehen wirklich fantastisch aus, aber auch die Standardversion braucht sich nicht zu verstecken. Ist das Spiel aufgebaut, bietet es einen tolle Tischpräsenz.
Allerdings gibt es zum Start ein paar kleinere Hürden zu nehmen. Zum einen kann die Spielmechanik für Neulinge durchaus etwas fordernd sein. Dabei sorgen weniger die umfangreichen Regeln für Komplexität, sondern dass alle Aktionen gut aufeinander abgestimmt und die nächsten Züge im Voraus mit geplant werden wollen. Eine umfangreiche Ikonographie und eine nicht immer gleich verständliche Anleitung erschwert den Einstieg zusätzlich.
Nichts davon ist wirklich dramatisch und wer sich davon nicht gleich abschrecken lässt, wird von einem interessanten Spielmechanismus belohnt, der einige verschiedene Spielelemente wie Pick up and Deliver, Set Collection, Rondell und Ressourcenmanagement geschickt miteinander kombiniert.
Während unserer Partien, wurden dabei allerdings manche Aktionsmöglichkeiten deutlich weniger genutzt als andere. Hier hätte womöglich etwas mehr Spielbalance geholfen, oder vielleicht auch einfach mehr Fokus auf das Wesentliche. Grundsätzlich ist dies natürlich schwer zu beurteilen, da das auch einfach an dem eigenen Spielstil liegen mag.
In Summe ist „Merchants of the dark Road“ ein durchaus gelungenes Spiel. Es bietet ein interessantes Thema, dass wunderbar durch die gelungenen Illustrationen umgesetzt wird. Der Würfelmechanismus ist innovativ, auch wenn es etwas dauert, diesen richtig zu verinnerlichen. Das Ressourcenmanagement ist immer knapp, aber umso belohnender, wenn ein Plan dann schließlich aufgeht.
Das Spiel funktioniert gut zu zweit, zu dritt bietet es aus unserer Sicht aber den größten Spielspaß. Da es durchaus zum Grübeln einlädt, kann eine Partie zu viert durchaus lang werden.
Für uns ist es dennoch nicht der ganz große Wurf, was durchaus schade ist, denn das Potential ist klar zu sehen. Es hat für unseren Geschmack ein wenig zu viele Zufallselemente, die eine sorgfältige Planung zunichte machen können. Auch hätte es etwas mehr direkte Interaktion geben dürfen. Dennoch würden wir stets eine Partie mitspielen.
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Bilder zum Spiel
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Tags: Würfel, Liefern, 1-4 Spieler, Fantasy