Kinderspieltest | Hänsel und Gretel
Märchen bieten seit Generationen Stoff für Filme, Theateraufführungen, Neuinterpretationen und natürlich auch für Brettspiele. Hänsel und Gretel ist sicherlich eines der bekannteren deutschen Märchen der Gebrüder Grimm und bot Krzysztof Jurzysta die nötige Inspiration, mit dem Zoch Verlag ein neues Kinderspiel zu diesem Thema zu veröffentlichen. Wie sich dieses Märchen spielerisch anfühlt und ob es überzeugen kann, erfahrt ihr hier in unserem Test.
Der Zoch Verlag hat uns "Hänsel und Gretel" freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
So geht's
Bevor wir Hänsels und Gretels großes Abenteuer nachspielen können, gilt es erst einmal das kleine faltbare Knusperhäuschen aus Pappe zusammen zu bauen, was mit zwei Handgriffen schnell erledigt ist. Der Schachtelboden beinhaltet ein Papierinlay, das sich durch Umdrehen in ein kleines Stück Wiese verwandelt, welches fest gesockelt im Schachtelboden Platz findet. In der zentralen Aussparung dieser Wiese wird nun das Häuschen aufgestellt. Fertig ist unsere Märchenszene.
Jede Schachtelrandseite zeigt 4 Lebkuchenstücke, welche als Bewegungsfelder unserer Hänsel-, Gretel- und Hexen-Holzfiguren dienen. Die Figuren haben zwischen den Beinen eine Aussparung, um sie so auf den Rand aufzustecken. Farbliche Markierungen zeigen uns, wo sich die Startpositionen aller drei Figuren befinden. Nun müssen wir nur noch die 40 Süßigkeitenplättchen mischen, daraus vier Stapel bilden und in jeden außerdem noch einen Hexenhutplättchen mit einmischen.
Sobald 5 Lebkuchenteile verdeckt auf das Dach des Hexenhäuschens gelegt wurden, kann es losgehen.
2 bis 4 Kinder ab 6 Jahren versuchen nun kooperativ, die Süßigkeitenplättchen so zu ziehen und zusammen zu puzzeln, dass diese später möglichst vollständige Süßigkeiten zeigen. Da wären etwa eine Zuckerstange, Bonbons oder Donuts. Pralinen müssen so angelegt werden, dass 5 Stück in einer Kette zusammenhängen. Kekskrümmel-Plättchen ergänzen unsere angefangenen Süßigkeiten leider nicht, müssen aber dennoch angelegt werden. Die Schwierigkeit bei diesem Unterfangen: Nachdem jedes Kind einmal ein Plättchen gelegt hat, werden die farbigen Punkte an allen äußeren freiliegenden Rändern der Plättchen abgezählt. So weit bewegen sich dann unsere 3 Figuren, welche die zu den Punkten passenden Farben besitzen. Zieht ein Kind ein Hexenhutplättchen, wird die Hexe noch vor ihrer regulären Bewegung am Rundenende weiter bewegt.
Sollte die Hexe entweder Hänsel oder Gretel einholen, oder eines von den beiden Geschwistern versehentlich auf dem Feld der Hexe landen, ist die Partie sofort verloren. Gewonnen haben die Kinder hingegen, wenn sie es schaffen, 5 Süßigkeiten zu vervollständigen. Immer wenn eine solche vervollständigt werden konnte, erhalten sie dafür eines der 5 Lebkuchenplättchen von dem Dach des Knusperhäuschens. Auf dessen Rückseiten finden sich einige einmalig einsetzbare Fähigkeit. Hier dürfen etwa 2 beliebige Figuren vor oder zurück gezogen werden, oder die Hexenbewegung darf einmal vollständig verhindert werden.
Hänsel und Gretel ist ein sehr leicht zu erlernendes Kinderspiel, welches dazu noch sehr ansprechend gestaltet ist und einen hohen Aufforderungscharakter besitzt. Wenn man es spielerisch begrenzt auf das Plättchenlegen und Vervollständigen der Süßigkeiten, so können auch ohne Probleme schon 4- oder 5-jährige Kinder mitspielen. Das Abzählen der Punkte in den jeweiligen Farben an den Plättchenrändern hingegen ist dann schon nicht mehr ganz so einfach und muss geübt werden. Dieser Mechanismus funktioniert reibungslos und fühlt sich ein wenig an wie das Austarieren einer Waagschale. Man muss immer darauf achten, dass die eigenen Figuren nicht zu langsam sind und von der Hexe eingeholt werden. Gleichsam ist darauf zu achten, dass Hänsel und Gretel beim Davonlaufen nicht ihrerseits die Hexe einholen und ihr damit praktisch direkt in die Arme laufen.
Spielmechanisch ist das für aus Sicht der Kinder, mit denen ich gespielt habe, leider nicht sehr spannend. Die spielerische Herausforderung hat den Charme einer Mathematik-Aufgabe, die zwar hübsch aussieht, jedoch nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass man vor allem die bunten Punkte auf den Plättchen im Blick behalten muss. Denn diese regelmäßig abzuzählen und im Kopf durchzuspielen, wie sich die Figuren beim nächsten Mal bewegen werden, ist das Rezept um hier erfolgreich zu sein.
Erst wenn diese abstrakte Mechanik beherrscht wird, haben die Kinder das Gefühl, das Spiel wirklich steuern zu können. Ab diesem Punkt allerdings wird das Spiel dann jedoch absurd einfach. Eine unnötig hohe Lernkurve existiert meiner Meinung nach vor allem deswegen, weil alles außer den bunten Punkten groß und bunt illustriert hervorgehoben und viel eher von den Kindern wahrgenommen wird.
Ein weiterer Punkt, der mich stört, ist die Implementierung des Themas. Märchen nehmen heute keinen großen Stellenwert mehr in unserer Gesellschaft ein, was im Zeitalter der Digitalisierung zunächst einmal nicht allzu ungewöhnlich scheint. Dennoch sehe ich sie als eine Art Kulturgut und so sollten sie auch weiterhin zum Bestandteil unseres Allgemeinwissens gehören.
Die Vorgeschichte auf der ersten Seite der Spielregel erzählt, wie Hänsel und Gretel sich im Wald verirrten, das Häuschen fanden und anfingen Stücke davon loszureißen um diese zu essen. Ab hier wird es dann sehr anders, als ich es kenne. Die Hexe kommt aus dem Haus gerannt und versucht nun die Kinder zu fangen, welche beim Weglaufen immer wieder Stücke vom Haus abreißen als Proviant für ihre fluchtartige Heimreise. Natürlich kann man von einem Kinderspiel nicht erwarten, dass es den Kindern ein komplettes Märchen inhaltlich vermittelt.
Wenn dann Dinge vermittelt werden, die mit dem Märchen jedoch nichts zu tun haben, stößt man bei mir leider auf blankes Unverständnis. Dann lieber kein Hänsel und Gretel Spiel und her mit einem alternativen Thema.
Besonders wenn der Papa ohnehin gern eine Vorgeschichte so erzählt, dass sie die Kinder fasziniert, in das Thema einführt und hängen bleiben soll. Hier hätte ich mir vom Verlag eine größere pädagogische Verantwortung gewünscht, statt einfach ein Thema zu verwenden, welches bei Eltern Emotionen wecken und natürlich zu einem Kauf veranlassen soll.
Daher gibt es an dieser Stelle von mir leider keine Kaufempfehlung. Wen dieser Punkt nicht stört, und der Meinung ist, dass die recht ungewöhnliche Waagschalenmechanik seine Kinder begeistern könnte, kann dem Spiel gern eine Chance geben, auch weil es wirklich liebevoll gestaltet wurde.
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Bilder vom Spiel
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Tags: Laufspiel, 2-4 Personen, Legespiel, Kinderspiel, 20 Minuten