TEST // VITICULTURE

TEST // VITICULTURE

Ist ein Spiel eigentlich wie ein Wein? Wird es besser mit dem Alter? Die Essential Edition von VITICULTURE ist von 2015. Das ist für einen Wein vielleicht noch kein beachtliches Alter, aber für ein Spiel ist es durchaus eine Leistung, wenn es gegenüber den zahlreichen Neuheiten jedes Jahr nicht untergeht. Und VITICULTURE ist auf jeden Fall ein Spiel, das unter Brettspielern einen Namen und in vielen Sammlungen einen festen Platz hat. VITICULTURE ist ein Spiel von Jamey Stegmaier, Alan Stone und Morten Monrad Pedersen. Es wird ab 12 Jahren empfohlen und hier können 1 bis 6 SpielerInnen so erfolgreich wie möglich Wein keltern. Es ist erschienen bei Feuerland Spiele und die Illustrationen sind von Christine Santana.

Das Spiel stammt aus unserer privaten Sammlung.

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Der frühe Vogel fängt den Wurm?

Bei VITICULTURE wird in Runden gespielt, die thematisch als Jahre in die vier Jahreszeiten eingeteilt sind. Sobald eine SpielerIn die Marke 20 Spiegpunkte überschritten hat, wird das aktuelle Jahr noch zu Ende gespielt und danach folgt die Abrechnung. Es gewinnt, wer die meisten Siegpunkte gesammelt hat.

Jedes Jahr beginnt bekanntlich mit dem Frühling. In dieser Phase starten die SpielerInnen damit, ihre kleine Holzhahn-Figur auf eine der verschiedenen Optionen der Zugreihenfolge zu platzieren. Wer unbedingt beginnen möchte, muss auf Boni verzichten. Ansonsten bieten die unteren Plätze unterschiedlich lukrative Boni, die die SpielerInnen vorausschauend wählen sollten. So können sie hier zusätzliche Karten nachziehen, Geld bekommen oder weiter unten sogar einen Siegpunkt oder einen zusätzlichen (Wander-) Arbeiter für das aktuelle Jahr erhalten.

 

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Haben sich alle Spieler entschieden, beginnt der Sommer. Hier wird reihum in der soeben festgelegten Spielerreihenfolge damit begonnen, einen Arbeiter auf einen der vorhandenen Orte einzusetzen und direkt die Aktion abzuhandeln. Arbeiter können pro Jahr jedoch nur einmal eingesetzt werden und so müssen SpielerInnen sich Gedanken dazu machen, ob und wie viele Arbeiter sie noch für den Rest des Jahres benötigen und eine entsprechende Anzahl zurückhalten. Wer keinen Arbeiter mehr in die Sommerarbeiten schicken möchte, passt.

Haben alle SpielerInnen im Sommer gepasst, folgt der Herbst. Während dieser Phase ziehen die SpielerInnen in aktueller Spielerreihenfolge wahlweise eine Sommerbesucher- oder Winterbesucherkarte auf die Hand.

Nun folgt die zweite Aktionsphase des Jahres: der Winter. Hier setzen die SpielerInnen wieder in Zugreihenfolge die verbliebenen Arbeiter ein und führen die Aktionen aus.

 

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Wenn alle SpielerInnen auch im Winter gepasst haben (und noch keine SpielerIn das Spielende eingeläutet hat), folgt die Vorbereitung des neuen Jahres. Hier reifen alle Trauben und Weine der SpielerInnen um ein Jahr. Im Anschluss werden alle Arbeiter wieder vom Spielplan genommen und stehen für das nächste Jahr wieder zur Verfügung. Nun wird noch Einkommen an die SpielerInnen verteilt und jeder muss seine Handkarten auf maximal 7 Karten reduzieren. Der nächste Frühling startet wieder damit, dass der neue Startspieler beginnen darf, seine Position in der Zugreihenfolge zu wählen.

 

Die Arbeiten auf einem Weingut sind vielfältig – die Arbeiter sind echte Allrounder!

 In VITICULTURE gibt es zwei Aktionsphasen, aber nur eine bestimmte Anzahl an Arbeitern, die auf beide Phasen verteilet werden müssen. Die Aktionsfelder im Sommer sind:

  • Spiele eine Sommerbesucherkarte. Besucherkarten sind im Grunde Helfer, die immer einen bestimmten Vorteil oder eine starke Aktion bieten.
  • Verkaufe Trauben oder eines deiner drei Weinanbaugebiete (und erhalte dafür Geld).
  • Biete eine Tour durch den Weinberg an (und erhalte dafür Geld).
  • Ziehe eine Rebenkarte.
  • Pflanze eine Rebenkarte auf einem deiner Gebiete an.
  • Errichte ein Bauwerk. Hier haben SpielerInnen die Wahl zwischen zahlreichen Bauwerken, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. So gibt es zum Beispiel Kellerausbauten, die es einem erlauben noch älteren Wein zu produzieren und zu lagern. SpielerInnen können auch die Bauwerke Spalier und Bewässerung errichten, die für besonders anspruchsvolle Weinsorten benötigt werden. Mit dem Erwerb von dem Gespann wiederum bekommt die SpielerIn einen extra Einsatzort für die Arbeiter.

 

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Die Aktionsfelder des Winters sind:

  • Spiele eine Winterbesucherkarte. Diese Karten bieten genau wie die Sommerbesucherkarten unterschiedliche Vorteile und Sonderaktionen.
  • Bilde einen neuen Arbeiter aus. Für 4 Lira können die SpielerInnen hier einen neuen Arbeiter ausbilden, der dann ab dem nächsten Jahr eingesetzt werden und tatkräftig mit anpacken kann.
  • Ernte ein Gebiet. Mit dieser Aktion können die SpielerInnen die Trauben von ihren bebauten Weinbergen ernten und die Trauben in die Weinpresse überführen. Die Reben auf dem Weinberg bleiben erhalten, denn Weinreben sind mehrjährige Pflanzen und tragen im nächsten Jahr wieder neue Trauben.
  • Stelle Weine her. Trauben, die sich in der Traubenpresse befinden können mit dieser Aktion gekeltert und in den Weinkeller gelagert werden.
  • Ziehe eine Weinbestellung.
  • Erfülle eine Weinbestellung. Über die Weinbestellungen (mit diversen Anforderungen) können die SpielerInnen ihre gekelterten Weine an die Gourmets verteilen und so Siegpunkte und künftiges Einkommen generieren.

VITICULTURE ist ein Arbeitereinsatzspiel (Workerplacement) und, wie bei diesen Spielen üblich, gilt: Wer als erstes kommt, mahlt zu erst. (Meistens wird der erste an einem Ort sogar noch mit einem Bonus belohnt.) Wenn alle verfügbaren Plätze mit einem Arbeiter belegt sind, kann diese Aktion nicht mehr genutzt werden. Oder doch? Bei VITICULTURE hat jede SpielerIn unter den verfügbaren Arbeitern einen großen Arbeiter. Dieser erlaubt es, sich noch bei einem beliebigen belegten Feld dazuzustellen. Dieser spielerische Kniff kann manchmal sogar spielentscheidend sein.

 

Ein ganz edler Tropfen

Das Material kann sich durchweg sehen lassen. In jeder Spielerfarbe gibt es kleine Holzarbeiter und individuelle Holzmarker für jedes der einzelnen Gebäude, die die SpielerInnen im Spielverlauf bauen können. Die Karten sind sehr stabil, individuell gestaltet und ihre Funktion ist durchweg verständlich beschrieben. Falls doch einmal etwas unklar ist, kann dies im ausführlichen Glossar nachgeschlagen werden.

Die Karten spiegeln etwas, aber das hat keinerlei Auswirkungen auf das Spiel. Das Bild und der Text sind dennoch sehr gut lesbar. Zum Glück ist noch nichts passiert, aber die Karten könnten sogar wasser- ähm… weinabweisend sein und ein Malheur überleben. Die Münzen sind aus stabilem Karton und groß und gut händelbar. Die 5-Lira-Münzen sind sogar fast etwas überdimensioniert, aber dafür sind die drei Werte sehr gut auseinander zu halten.

 

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Der Spielplan ist groß, übersichtlich gestaltet und hat neben der deutschen Vorderseite auch eine englische Rückseite. Auch die Spielertableaus sind bilingual und übersichtlich. Sogar die Funktion aller Gebäude ist auf dem Tableau kurz beschrieben, sodass die Anleitung während des Spiels nicht zum Nachschlagen benötigt wird.

Ein besonderer Hingucker sind die kleinen Glassteine, die zum Anzeigen der Weinwertigkeit genutzt werden. Am Ende des Jahres, wenn die Trauben und der Wein reifen, werden die Glassteine einfach eine Wertigkeit nach oben geschoben. Das ist sehr gut gelöst, weil durch die transparenten Steine hindurch die Zahl auf dem Tableau weiterhin erkennbar ist. So wird der Überblick über die Trauben- und Weinbestände ohne ständiges Anheben der Marker behalten. Die Regeln sind sehr übersichtlich geschrieben und eine zusätzliche kompakte Regelübersicht und ein Glossar für die Karten erleichtern das Spielen zusätzlich.


VITICULTURE ist ein optisch wunderschönes und spielmechanisch ausgesprochen rundes Spiel. Das Spiel ist an sich nicht schwer zu erlernen und die eigentlichen Aktionen sind überschaubar. Dennoch entsteht hier eine beachtliche Spieltiefe, die den SpielerInnen einiges an Voraussicht und Flexibilität abverlangt.

Thematisch ist der Weinanbau vielleicht nicht für jeden etwas fesselndes, aber die Spielmechanik und das Thema passen so schön zusammen, dass ich mir gar kein anderes Thema vorstellen könnte. Die großen Stapel an Karten (Reben, Weinbestellungen, Sommer- und Winterbesucher) bieten viel Variabilität und schaffen somit immer wieder ein leicht abgewandeltes Spielerlebnis.

 

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Auch die sogenannten „Mama und Papa“-Karten schaffen einen weiteren Wiederspielreiz. Jeder Spieler bekommt zu Beginn jeweils eine Mama- und eine Papa-Karte. Darauf sind variable Startbedingungen angegeben, die so zufällig kombiniert werden. Es ist zwar keine riesige Asymmetrie, die dadurch entsteht, aber dennoch startet man in keine Partie von VITICULTURE genau gleich.

Die Spieldauer kann besonders in der Vollbesetzung deutlich von der angegebenen Dauer auf der Schachtel abweichen. Gerade Neulinge müssen bei diesem Spiel schon etwas überlegen, womit die Wartezeit in großen Runden ein Problem sein kann. Wenn aber alle SpielerInnen das Spiel gut kennen, ist VITICULTURE ein gutes Eurogame für größere Runden, da der Spielplan mit den Einsatzorten für die Arbeiter hervorragend skaliert. So kommen je nach Spielerzahl mehr oder weniger Felder für Arbeiter hinzu.

 

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Übrigens: Wem die Menge an Optionen trotzdem noch nicht reicht, kann in der Mini-Erweiterung „Besuch aus dem Rheingau“ noch einen alternativen Kartensatz an Sommer- und Winterbesucherkarten finden, der noch einmal ein neues Spielerlebnis schafft, aber am grundlegenden Spiel nichts ändert.

Alles in Allem ist VITICULTURE ein sehr schönes, rundes und herausforderndes Spiel mit einem hohen Wiederspielreiz. Die Regeln an sich sind dabei zugänglich und sehr gut geschrieben.

 

 

Bilder zum Spiel

Tags: 1-6 Spieler, 45-90 Minuten, Worker Placement, Eurogame

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