Test | Eclipse - Das zweite galaktische Zeitalter
Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr… 33.365 (?). Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Eclipse, das mit seiner 2-6 Personen starken Besatzung 60-180 Minuten unterwegs ist, um fremde Galaxien zu erforschen, neue Technologien zu entwickeln und neue Zivilisationen zu entdecken. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt, dringt die Eclipse in Galaxien vor, die nie eine Brettspielerin oder ein Brettspieler zuvor gesehen hat.
„Eclipse - Das zweite galaktische Zeitalter“ will uns als Nachfolger von „Eclipse“ aus dem Jahr 2011 in neue Galaxien und Höhen der Weltraum 4X-Spiele führen. Ob das gelungen ist, oder die Reise doch in ein schwarzes Loch führt, erfahrt ihr in unserem Test.
Das Spiel wurde gekauft. Auf die Wertung hat dies keinen Einfluss!
Höher, besser, weiter, Eclipse
In „Eclipse - Das zweite galaktische Zeitalter“ führen wir eine eigene Zivilisation an, die mit anderen um die Vorherrschaft in der Galaxie streitet. Dazu müssen neue Sektoren entdeckt und erschlossen, Raumschiffe und -stationen gebaut, Ressourcen gesammelt und verwaltet sowie Gegner bekämpft werden. Ganz in klassischer 4X-Manier.
Das Spiel endet immer nach 8 Runden. Wer anschließend die meisten Siegpunkte besitzt, gewinnt das Spiel. Die Siegpunkte erhält man im Verlauf der Partie durch Kämpfe, das Schmieden diplomatischer Allianzen, die Kontrolle von Sektoren oder besonderen Gebäuden, den Monolithen, sowie durch Entdeckungen und Forschung. Allen steht dabei wahlweise eine von 7 verschiedenen Fraktionen zur Verfügung, die mit unterschiedlichen Startbedingungen sowie Spezialeffekten, Wertungen oder Schiffsbau-Blaupausen ausgestattet sind.
Eine Runde dauert so lang, bis alle Fraktionen gepasst haben. Die geschieht entweder, weil keine weiteren Aktionen mehr bezahlt werden können oder bezahlt werden wollen. Das kann dazu führen, dass besonders reiche Fraktionen häufiger am Zug sind als die anderen. Nach dem Passen kann aber immer noch reagiert werden. So kann beispielsweise eine weniger effizienten Bewegungs-Aktion abgehandelt werden. Danach folgen noch die Kämpfe und ein bisschen Aufräumerei bzw. die Vorbereitung für die nächste Runde.
Ein Spielzug besteht aus genau einer Aktion: Erkunden, forschen, verbessern, bauen, bewegen oder Einfluss einsetzen. Jede dieser Aktionen tut genau das, was der Name verspricht, und zwar in meist recht unkomplizierter Art und Weise. Als Forschungsaktion darf man sich eben ein neues Forschungsplättchen nehmen und muss es mit der entsprechenden Ressource bezahlen. Beim Bewegen bewegt man seine Schiffe so weit, wie deren Antriebe es zulassen. Je nach Fraktion dürfen die Aktionen unterschiedlich oft ausgeführt werden. Die Terraner beispielsweise können pro Erkundungsaktion nur ein neues Sektorplättchen aufdecken, sich pro Bewegungsaktion aber dreimal bewegen.
Die Kämpfe in „Eclipse - Das zweite galaktische Zeitalter“ finden erst nach den Spielzügen statt. In Schlachten wird kräftig gewürfelt und je nach Waffensystemen, Anzahl der eigenen Schiffe und Stationen mal mit mehr oder weniger Würfeln in verschiedenen Farben bzw. Stärkegraden. Dabei beginnen immer die Schiffe, die schneller sind. Manche Fraktionsschiffe haben von Beginn an Schnelligkeitsvorteile. Durch den Einbau spezieller Antriebe kann die Geschwindigkeit jedoch variabel erhöht werden. Besitzt ein Schiff zudem einen Raketenwerfer, schießt es diesen vor der normalen Kampfphase bereits einmal ab. Damit lassen sich Horden von kleinen Abfangjägern mit Raketenwerfern bauen, deren alleiniges Ziel es ist, Gegner mit einer einzigen Raketensalve zu pulverisieren. Dementgegen stehen große, mit Schilden und extra Hüllen ausgerüstete Schlachtschiffe, die gut und gerne auch 5-6 Treffer wegstecken können.
Der Spielplan besteht aus sechseckigen Plättchen, die ausgehend vom galaktischen Zentrum ausgelegt werden. Innen ist der Aufbau also mehr oder weniger fest, außerhalb kann frei angelegt werden. Im Zentrum befindet sich das VGZ, das Verteidigungssystem des Galaktischen Zentrums, das einen besonders lukrativen Sektor bewacht. Dieser enthält nämlich die meisten Planeten in einem Sektor und das auch noch von jeder Ressourcenart. In den inneren Sektoren finden sich häufig die sogenannten Antiker, neutrale Raumschiffe, die erst besiegt werden wollen, um den jeweiligen Sektor kontrollieren zu können.
Bevor ich zu meiner Wertung komme, die wahrscheinlich nur die wenigsten wirklich überrascht, ein paar Dinge vorab: In meiner Spielegruppe spielen wir so gut wie nie Spiele wie „Eclipse - Das zweite galaktische Zeitalter“. Auch habe ich im Allgemeinen mit Spielen dieser Art nur begrenzte Erfahrung (zwei Partien Twilight Imperium 3. Edition zum Beispiel). Ebenso habe ich den Vorgänger „Eclipse“ von 2011 nie gespielt. Dementsprechend ist die Wertung aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Um nicht länger um den heißen Brei herumzureden: „Eclipse - Das zweite galaktische Zeitalter“ ist eins der besten Spiele, die ich jemals auf den Tisch bekommen habe. Denn auch obwohl ich gar nicht wirklich zur Zielgruppe gehöre, hat es mich und meine Mitspielenden von der ersten Partie an begeistert. Dazu trägt sicherlich auch der etwas Eurogame-artige Mechanismus des Spiels bei. So gibt es eine begrenzte Rundenanzahl, die sich vor allem im Spiel mit weniger Personen recht knapp anfühlt. Das hält die gesamte Spielzeit im Rahmen. Außerdem müssen Ressourcen verwaltet werden, von denen eine (das Geld) als Aktionspunkte fungiert, die man pro Runde ausführen kann. Da fühlte ich mich doch etwas heimisch.
Der dickste Pluspunkt ist für mich aber die Zugänglichkeit des Spiels. Auch wenn es eine ungeheure Komplexität und eine nicht gerade kleine Zahl an verschiedenen, miteinander verwobenen Mechanismen und Regeln bietet, ist es doch relativ leicht zu erlernen und eingängig zu spielen. Nach ein paar Runden oder spätestens einer Partie sitzen die Grundregeln. Viel Geblättere im, übersichtlichen und gut geschriebenen, Regelbuch ist nur selten nötig. Die Aktionen und Züge sind klar strukturiert und recht simpel. Die Runden laufen wie eine gut geölte, meist sehr flotte Maschinerie.
Apropos Maschinerie: Das eigene Weltraum-Imperium zu verwalten ist für Freunde von knappen Aktionen und Ressourcen ein wahres Fest. Jede Erkundungsaktion ist spannend und kann spielprägend sein, denn gerade die ersten paar entdeckten Sektoren sind maßgeblich für die eigene Strategie. Zu entscheiden, welche Sektoren und Planeten kontrolliert bzw. besiedelt werden sollen fühlt sich – im bestmöglichen Sinn – an wie ein Puzzle. Lieber die Wissenschaft ausbauen, um möglicherweise spielentscheidende Technologien vor den anderen zu entwickeln, oder doch mehr Baumaterial beschaffen, um mehr Schiffe oder Gebäude zu produzieren? Aber was bringt es alles, wenn nicht genügend Cash für Aktionen zur Verfügung steht? Man muss sich seine Prioritäten jede Runde neu setzen.
Die Interaktion zwischen allen Mitspielenden kann stark variieren, je nachdem, welche Fraktionen an der Partie beteiligt sind. Die ganz der Wissenschaft verschriebenen Hydraner oder die moosähnlichen Planta machen lieber ihr eigenes Ding und bunkern sich ein. Ganz anders spielt es sich bspw. als Orion Hegemonie, die voll auf Konfrontation setzen. Bei allen Star Trek-Fans wird diese Fraktion mit ihren großen schwarzen (Borg?-)Würfeln ganz bestimmte Assoziationen auslösen. Die Fraktionen unterscheiden sich dabei genug voneinander, dass man jede ausprobieren möchte aber doch nicht so sehr, dass es in Asymmetrie kippen würde.
Das Salz in der kosmischen Suppe sind für mich die Technologien, die jede Runde neu gezogen werden. Es ist einfach unheimlich spannend zu sehen, welche Waffen, Gebäude und Technologien zur Verfügung stehen. Vor allem in den ersten Partien hält das Spiel somit einige Überraschungen parat. So wird die Bunker-Strategie, in der man die erforschten Sektoren so legt, dass andere Fraktionen gar nicht bis zum eigenen Reich durchdringen können, obsolet, sobald der Wurmloch-Generator aufgedeckt wird. Dieser erlaubt es durch nicht vollständig verbundene Sektoren zu reisen: Eine Fähigkeit, die alles verändern kann.
Ebenfalls eine schöne Knobelei sind für mich die Schiffs-Verbesserungen. Es macht mir unheimliche Freude über mögliche Zusammenstellungen von Kreuzern, Abfangjägern und Raumstationen nachzudenken. Lieber defensiv und hartnäckig mit viel Panzerung und Schilden oder doch als Glaskanone mit Raketenwerfern und Kanonenrohren durch das Weltall fliegen? Das eine klingt sinnvoller, aber sechs Würfel pro Schiff im Angriff werfen? Das klingt einfach nach Spaß.
Und auch wenn ich mit der Schwärmerei sicherlich noch lange weitermachen könnte, gibt es doch auch Kritikpunkte. Zuallererst muss die Produktion, das Material und der damit einhergehende Preis erwähnt werden. Bei „Eclipse - Das zweite galaktische Zeitalter“ handelt es sich in allen genannten Kategorien um ein absolutes Premium-Produkt. Die Miniaturen finde ich in einem Spiel dieser Art sinnvoll, auch wenn man über deren Größe diskutieren kann. Allerdings hätten die Macher ansonsten etwas am Plastik sparen können: Zum Beispiel bei den Bevölkerungs-Markern oder den Einflussscheiben. In seiner jetzigen Produktionsform artet das Spiel doch zu einer ziemlichen Plastik-Schlacht aus.
Außerdem ist Größe generell so eine Sache. Das Spiel nimmt schon zu dritt oder viert einen extra großen und künstlich erweiterten Tisch vollständig ein. Das liegt hauptsächlich an den übertrieben großen Fraktionstableaus und den unzähligen Aufbewahrungskisten und eher nicht an den Minis oder dem Spielplan. Sortieren und einräumen lässt sich so alles gut, aber Platz beim Spielen muss man dafür auch erstmal finden. Hinzu kommen dann noch die Ressourcentafeln, deren Aussehen sicherlich Geschmackssache ist. Über deren Funktion lässt sich aber streiten. Als Stauraum funktionieren sie gut, aber das Verstellen der einzelnen Ressourcen-Regler und die ganzen kleinen Würfelchen auf den Bevölkerungsleisten sind schon etwas fummelig. Die Platzierung dieser ganzen Kästen und Tableaus gleicht einer Partie Space-Tetris, was den Aufbau anstrengender macht als er sein müsste.
Lobend erwähnen muss ich aber noch die Spielschachtel, die zwar groß, aber zumindest nicht größer ist, als sie sein müsste. Und das Sortiersystem ist wirklich super. Eine kleine, einseitige Anleitung zeigt auf, in welcher Reihenfolge alles übereinandergeschichtet werden soll – und das passt dann auch.
Insgesamt muss ich vor „Eclipse - Das zweite galaktische Zeitalter“ meinen Hut ziehen. Das Spiel fühlt sich episch an, ist aber vom Regelwerk und auch von der Spielzeit her im Bereich des Machbaren angesiedelt. Dabei gibt es unheimlich viel an Fraktionen, Technologien sowie Verbesserungen zu entdecken und auszuprobieren. Die Verwaltung des eigenen Reichs ist stets knifflig, aber nicht zermürbend komplex. Wer bereit ist, den Platz und das Geld zu investieren, bekommt dafür sehr viel geboten – und zwar auch, wenn man nicht unbedingt passionierter Weltraum 4X-Spieler ist. Für eine Platzierung im höchsten interstellaren Spiele-Olymp reicht es zwar nicht ganz, aber dennoch zählt Eclipse zu den besten Spielen, die ich seit Langem gespielt habe und hat seine Top-Bewertungen und den Hype absolut verdient. Ich habe mein persönliches Weltraum 4X-Spiel gefunden.
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Bilder zum Spiel
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Tags: 4X Spiell, Miniaturen, Weltraum, Science Fiction