TEST // AGE OF DIRT
Einen Stamm von Steinzeitmenschen mit verschiedensten Innovationen zu einer blühenden Zivilisation entwickeln – das klingt nach einem noblen Unterfangen. Dumm nur, dass die lieben Stammesmitglieder einen ziemlich beschränkten geistigen Horizont haben. Da schickt man sie Holz holen, nur um wenig später festzustellen, dass sie sich verlaufen haben und kurzerhand ins Liebeszelt gestolpert sind. Kann es den Häuptlingen trotzdem gelingen, ihrem Clan zu ruhmreicher Entwicklung zu verhelfen?
AGE OF DIRT stammt aus meiner privaten Sammlung. Für den Verlag WIZKIDS habe ich es auf der SPIEL 19 drei Tage lang erklärt.
Auf diese Bewertung hat das keinen Einfluss.
Ein dreckiges Zeitalter
In AGE OF DIRT übernehmen die Spieler das Kommando über einen Stamm von Höhlenmenschen, mit dem Ziel, diesen mit cleveren Erfindungen zu voller Blüte zu bringen, sprich, zuerst 10 Steinsterne (Siegpunkte) zu sammeln.
Um dies zu bewerkstelligen, schicken die Häuptlinge ihre Clanmitglieder los, um Ressourcen zu sammeln (Steine, Kräuter, Holz, Beeren und Felle). Mit diesen Ressourcen bauen die Clans dann Erfindungen und bekommen Siegpunkte und Spezialfähigkeiten dafür. So weit so, simpel.
Der Twist an der ganzen Sache ist, die Clanmitglieder haben die Tendenz, nicht die ihnen aufgetragenen Aufgaben zu erledigen, sondern erst einmal ein wenig in der Gegend herumzulaufen und dann doch etwas anderes zu tun. Einmal mit Profis arbeiten...
Jeder Clan startet mit einer Höhle, 4 Clanmitgliedern (3 weitere sind in der Reserve), einer Trommel und einem Speer (wovon eines jedoch beschädigt ist) sowie 2 Start-Erfindungskarten, von denen sich jeder Häuptling eine aussuchen kann.
In ihrem Zug können die Häuptlinge eine von drei Aktionen ausführen: Arbeiter aussenden, einen Ort aktivieren oder Ressourcen ausgeben.
Arbeiter aussenden: Bis zu 2 Arbeiter können in bis zu 2 Orte entsendet werden, um (hoffentlich) dort Ressourcen zu sammeln. Dazu werden die hölzernen Höhlenmenschen durch die Öffnung in den jeweiligen Ort gesteckt.
Die Orte:
Im Wald gibt es Holz und Beeren.
In den Bergen gibt es Steine und Kräuter.
In der Ebene können gefährliche Tiere gejagt werden, dort gibt es Felle.
Und im Liebeszelt kann man seinen Clan vergrößern.
Die Ressourcen bekommt man jedoch nicht direkt, dazu muss der Ort erst aktiviert werden. Dies kann aber auch durch einen anderen Häuptling geschehen.
Einen Ort aktivieren: Wenn ein Häuptling einen Ort aktiviert, bekommt er (meist) einen Bonus für seinen Clan – und hoffentlich auch die Ressourcen, für die er seine Arbeiter ausgeschickt hat.
Die Boni:
Wald: Der Häuptling darf seinen Speer oder seine Trommel reparieren.
Ebene: Hier gibt es keinen Bonus. Allerdings lauert hier ein Säbelzahntiger...
Liebeszelt: Der Häuptling darf noch ein Clanmitglied in das Liebeszelt stecken (ohne, dass dies eine zusätzliche Aktion benötigt. Er muss dazu allerdings ein Clanmitglied verfügbar haben).
Berge: Für jeden eigenen Arbeiter, der aus der Passage zurückkehrt, darf sich der Häuptling einen Stein für seinen Clan nehmen.
Die Passage...? Was ist das denn bitte? Ein großer Turm. Zwar ist er oben offen, verfügt aber über drei Ebenen, an denen von oben hereingeworfene Arbeiter hängen bleiben können. Wird ein Ort aktiviert, werden alle Clanmitglieder (nicht nur die eigenen) in diesem Ort in die Passage geworfen.
Für alle Clanmitglieder, die auch wieder aus der Passage herauspurzeln, dürfen sich die jeweiligen Clans entsprechende Ressourcen nehmen und in ihrem begrenzten Vorrat in der Höhle lagern.
Was aber, wenn die Clanmitglieder in der Passage hängen bleiben? In einem solchen Fall kann jeder Häuptling seine Trommel einsetzen und dreimal mit dem Schlägel auf eine Ebene der Passage schlagen, um die Arbeiter dazu zu bewegen, doch noch aus der Passage zurückzukehren. Die Trommel wird dabei allerdings beschädigt und muss vor dem nächsten Einsatz erst repariert werden.
Will oder kann niemand trommeln, dann „irren die Arbeiter erst einmal in der Gegend herum“, bevor sie sich irgendwann wieder zeigen. Keine Sorge, irgendetwas werden sie in der Zwischenzeit schon erledigt haben.
Ein paar Besonderheiten gibt es aber bei der Passage:
In der Prärie versteckt sich ein Säbelzahntiger. Dieser wird zusammen mit den Arbeitern in die Passage geworfen. Wenn er herausfällt, frisst er ein Clanmitglied von jedem Stamm, der sich nicht mit einem Speer verteidigen kann. Der Speer wird dabei beschädigt und muss vor seinem nächsten Einsatz erst repariert werden. Der gefressene Arbeiter geht zurück in die Reserve, der Säbelzahntiger in die Prärie.
Steine sind schwer. Daher benötigt man 2 Arbeiter, um einen Stein zu sammeln (das betrifft aber nur das Sammeln, nicht den Aktivierungs-Bonus).
Genauso benötigt man 2 Clanmitglieder, um den Stamm zu vergrößern und so ein weiteres Clanmitglied aus der Reserve freizuschalten. Sollte jedoch nur ein Clanmitglied der eigenen Farbe aus der Passage fallen, kann sich ein Häuptling auch nach „Einzelgängern“ aus anderen Stämmen umschauen und sich absprechen. Wenn beide Häuptlinge einverstanden sind, bekommen sie jeweils ein neues Clanmitglied. Aber nur bei beidseitigem Einverständnis, sonst funktioniert die Steinzeitmagie nicht! Bleibt ein einzelnes Clanmitglied am Ende übrig oder kommt eine interstämmliche Übereinkunft zustande, dürfen die übriggebliebenen Clanmitglieder direkt wieder in einen beliebigen Ort entsendet werden (das zählt nicht als Aktion).
Ressourcen ausgeben: Es können beliebig viele Ressourcen für beliebig viele Dinge ausgegeben werden. Die Spieler müssen sie zunächst aber erst einmal haben.
Höhle vergrößern: Einmalig kann für einen Stein die Clanhöhle vergrößert werden. Dadurch bekommt der Clan mehr Platz für Ressourcen und eine weitere Erfindung.
Speer oder Trommel reparieren: Für jeweils ein Holz können Trommel und Speer repariert werden.
Eine Erfindungskarte ziehen: Für ein Kraut darf der Häuptling eine zusätzliche Erfindungskarte ziehen. Wie genau der Konsum von Kräutern zu neuen Erfindungen führen kann, erschließt sich mir noch nicht so ganz. Muss auch Steinzeitmagie sein...
Eine Erfindung bauen: Jede Erfindung hat eigene Kosten und bringt eine unterschiedliche Zahl an Steinsternen. Die meisten Erfindungen verleihen außerdem nützliche Spezialfähigkeiten. Sobald eine Erfindung gebaut wurde, wird direkt eine neue Erfindungskarte nachgezogen.
Zu jeder Zeit befinden sich zwei Erfindungskarten in der Mitte, die von allen Clans gebaut werden können. Zusätzlich hat jeder Clan weitere Erfindungen, die nur vom eigenen Clan gebaut werden können und verdeckt gehalten werden.
Wird statt einer Erfindung ein Event gezogen (erkennbar daran, dass auf der Karte keine Kosten stehen), wird das Event abgehandelt, danach zieht der Häuptling eine neue Erfindungskarte.
Speere, Trommeln und ein großer Turm
AGE OF DIRT kommt mit buntem Material aus dicker Pappe und kleinen Holzmeeples daher. Highlight ist natürlich die Passage. Zwar muss der Holzturm vor dem ersten Spiel zusammengebaut werden, jedoch ist er ziemlich stabil und kann zusammengebaut verstaut werden.
Die drei Orts-Kästchen sind leider weniger stabil, hier helfen ein paar Tropfen Kleber allerdings immens. Der Schlägel für die Passage fühlt sich mächtig an und der Mechanismus, so merkwürdig er im ersten Moment auch erscheinen mag, funktioniert hervorragend.
Die Meeple sind sehr schlicht gehalten und in keiner Weise herausstechend. Dies ist aber auch der Passage geschuldet, damit die Meeples überhaupt eine Chance haben, durchzufallen.
Die Höhlen sind sowohl Spielertableau als auch gleichzeitig Spielerhilfe – ein tolles Design, bei dem man durch eindeutige Symbole direkt die Übersicht hat.
Die Erfindungskarten sind die einzig nicht sprachneutrale Komponente. Sie sind sehr humorvoll gestaltet, beinhalten viele Wortspiele und niedliches, wenn auch etwas kleines Artwork.
Das Regelheft ist sehr übersichtlich, verständlich und schön illustriert. Es beantwortet alle Fragen. Beispiele gibt es zwar nicht, aber die habe ich nicht sehr vermisst, da die Regeln nicht schwierig sind.
Ganz unüblich für eine WIZKIDS-Produktion hat AGE OF DIRT ein Plastikinlay bekommen, in das alle Komponenten aufgebaut hineinpassen. So kann man das Spiel auch bedenkenlos aufrecht lagern, die Pappkomponenten und Karten sind sicher vor Knicken und Beschädigungen.
Tags: Ressource Management, Press Your Luck, Worker Placement, 2-5 Spieler