TEST // DERANGED

TEST // DERANGED

Deine Abenteuerlust hat dich schon immer an interessante und meist düstere Orte gelockt, aber dieses Dorf ist etwas, das du so noch nie zuvor gesehen hast. Du kannst es nicht genau in Worte fassen, aber das Dorf scheint eine gewisse magische Aura auszustrahlen, die dich immer weiter in ihren Bann zieht. Die Bewohner wirken so friedlich, als kämen sie aus einer friedlicheren Zeit, aber trotzdem bemerkst du eine nahezu animalische Wut in dir aufsteigen. Eine Stimme flüstert dir allmählich Fantasien ein, die nicht deine eigenen sind, aber zu werden scheinen, und du bist dir deiner Umwelt immer weniger bewusst. Dir wird klar, dass dieses Dorf ein unheiliger Ort ist und du so schnell wie möglich hier raus musst, aber wie bist du eigentlich noch einmal hier hergekommen… Wo warst du noch gleich? Und warum wolltest du noch einmal fort? …

 

infos zum spiel

GRIMSPIRE hat uns DERANGED freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

 

Der Wahnsinn greift um sich

 

In DERANGED übernehmen die Spieler die Rolle von gestrandeten Charakteren, deren Ziel es ist, aus einem offensichtlich verzauberten Dorf zu entkommen. Hierzu müssen sie sich seiner eigenen Flüche und aller eventuell anfallenden Geisteskrankheiten entledigen und am Ende einer Reihe von Tagen den Ausgang des Dorfes erreichen, und zwar im besten Fall lebend. Bei DERANGED handelt es sich um ein semi-kooperatives Spiel, bei dem die Spieler zwar zusammenarbeiten können, um die Monster der Stadt zu bekämpfen, im Verlaufe des Spiels aber zeitweise selbst zu Monstern werden, die nach dem Blut von ehemaligen Gruppenmitgliedern trachten.

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Das Spielfeld besteht aus unterschiedlichen Spielplanteilen, die je nach gespieltem Szenario zusammengestellt werden können. Die Spieler erhalten zu Beginn des Spiels Aktionskarten, mit denen sie während der Spielrunden ihre Aktionen durchführen können. Anfangs besitzen alle Spieler noch die gleichen Kartenstapel, wobei sie diese im Verlaufe des Spiels durch unterschiedliche Wege aufbessern können.

Die gewöhnlichen Aktionskarten besitzen zwei Angaben für eine Reihe von Aktionen. Der linke Rand der Karte gibt die Aktionsmöglichkeiten im „normalen“ Spielerzustand an. Darunter befinden sich Werte und Symbole, die anzeigen, wie weit sich der Charakter mit dieser Karte bewegen kann, welchen Angriffswert er nutzen kann, welche Verteidigung der Spieler hat und in welchem Gebiet er eine Such-Aktion durchführen kann. Während eines Spielerzuges müssen die Spieler eine dieser Karten ausspielen und entweder eine mit ihr verbundene Aktion oder eine Spezialaktion durchführen. Die mit der Karte verbundenen Aktionen sind Bewegen (der Spieler bewegt sich so weit wie es der Bewegungswert angibt), Angreifen (dabei hat der Spieler so viel Stärke wie der Angriffswert der Karte anzeigt) und Suchen (dazu gleich mehr). Beim Bewegen gibt das Stiefelsymbol zusätzlich an, welche Richtungen genutzt werden können. Das Spielfeld von DERANGED besitzt dafür nämlich Pfeile, die in verschiedene Richtungen zeigen. Spieler können beim Bewegen nur in die angezeigte Richtung laufen und attackieren. Zusätzlich gibt es Pfeile in unterschiedlichen Farben (weiß, orange, blau und grün) die, bis auf die weißen, nur genutzt werden können, wenn das Bewegungssymbol der ausgespielten Karte die gleiche Farbe angibt.

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Möchte ein Spieler einen Ort durchsuchen, kann er dies entweder an einem der drei besonderen Orte (Apotheke, Bibliothek, Schmiede) oder in einem der 6 nummerierten Häuser durchführen. Das Symbol der ausgespielten Karte gibt dabei an, auf welchem Spielfeldteil die Suchaktion durchgeführt werden kann. Suchaktionen geben, je nach Gebäude, zusätzliche Gegenstandskarten, die mächtige Effekte beinhalten und in den Kartenstapel des Spielers übernommen werden können. Spezialaktionen, die bei Ausführung auch das Ausspielen einer Handkarte erfordern, sind Aktionen, die von anderen Karten ausgehen. Zum Beispiel fordern Fluchkarten den Spieler dazu auf, die Aktion „Fluch aufheben“ in einem bestimmten Gebäude zu nutzen, wodurch der Spieler diesen Fluch abwerfen kann.

Aufmerksame Leser haben vielleicht schon bemerkt, dass ich von 2 Aktionsreihen sprach, als ich die Aktionskarten erklärte. Die zweite Reihe an Aktionen befindet sich nämlich am unteren Rand der Karte und gibt die Aktionen an, die der Spieler nutzt, sobald er wahnsinnig geworden ist.

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Sobald die Nacht hereinbricht (eine Runde ist in eine Tag- und eine Nachtphase unterteilt), werden Spieler, die im Laufe des Tages einen „Geisteskrank-Marker“ gesammelt haben, wahnsinnig und müssen, um diesen Status wieder zu verlieren, einen menschlichen Spieler ausschalten oder von einem menschlichen Spieler durch eine „Exorzismus-Karte“ erlöst werden. Um anzuzeigen, dass ein Charakter wahnsinnig geworden ist, wird seine Spielfigur mit der Spielfigur eines Wahnsinnigen ausgetauscht, wodurch ersichtlich wird, dass dieser Spieler zunächst nicht mehr mit der Gruppe zusammenarbeitet. Gelingt es dem wahnsinnigen Spieler, einen seiner Kameraden auszuschalten, muss der ausgeschaltete Spieler seine Figur an den Friedhof stellen und, anstatt aus dem Spiel auszuscheiden, einen neuen Fluch ziehen, den er lösen muss, um das Spiel gewinnen zu können.

Den Spielern wird das Leben zusätzlich durch unterschiedliche Szenarioeffekte erschwert, die je nach Szenario in jeder Tag- und Nachtphase auftreten. Diese geben zum Beispiel an, welche neuen Monster ins Spiel gebracht werden oder welche Herausforderungen die Spieler zusätzlich erfüllen müssen.

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Eine weitere Komponente sind geheime Rollen, die den Spielern zu Beginn des Spiels zugeteilt werden. Diese enthalten Aufgaben, die ihnen beim Erfüllen mächtige Gegenstände verleihen, die auf keinem anderen Weg ergattert werden können. Diese Aufgaben variieren zwischen gruppendienlich und egoistisch, wobei eine Aufgabe durchaus beinhalten kann, einen seiner Mitspieler zum Friedhof zu schicken (ohne, dass der Spieler wahnsinnig ist).

Am Ende der dritten Nacht gewinnen die Spieler das Spiel, die es geschafft haben, alle Flüche zu lösen, keinen Geisteskrank-Marker zu besitzen und sich am Ausgang des Dorfes zu befinden. DERANGED kann damit durchaus darin enden, dass entweder alle oder keiner das Spiel gewonnen hat, je nach Einstellung der Spielergruppe.

 

Das Spielmaterial

 

Die Spielschachtel von DERANGED kommt mit einer Mischung aus Papp-Komponenten und Plastikminiaturen daher. Zu den Papp-Komponenten gehören 160 Karten, 6 Zähler (einer für jeden Spieler), 6 Charakterbögen (jeder mit einem kleinen „Flavour-Text“ und einer Rundenübersicht versehen), 6 Monsterbögen, 18 Szenariobögen (6 pro Szenario), verschiedene Marker und Token, sowie die 4 doppelseitigen Spielplanteile. Zusätzlich besitzt jeder Charakter eine eigene und eine wahnsinnige Miniatur aus festem Plastik. Während die Charaktere sich sehr gut unterscheiden lassen, sind die „Wahnsinn-Miniaturen“ identisch, sodass jeder Charakter die gleiche „Wahnsinn-Miniatur“ besitzt.

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Die Qualität des Spielmaterials weiß zu überzeugen. Die Karten sowie die Charakterbögen sind sehr stabil und machen einen sehr robusten Eindruck. Das gleiche gilt für die Zähler, die jeweils mit einem Portrait des jeweiligen Charakters versehen sind. Die Miniaturen sind sehr detailreich und gut verarbeitet, sodass sich jeder Charakter ohne Probleme auf dem Spielfeld identifizieren lässt. Auch, dass es nur ein Modell für die „Wahnsinn-Miniaturen“ gibt, fällt dabei weniger ins Gewicht, da diese Miniaturen nicht dauerhaft auf dem Spielfeld verweilen und zusätzlich dynamisch genug aussehen, um glaubhaft zu wirken.

Der Druck und das Artwork der Karten und des gesamten Materials wirken sehr passend und vermitteln eine düstere Stimmung, ohne aber einen Gruselfaktor zu haben. Durch den Comic-Look erhalten die Charaktere und Monster eine eher harmlose Wirkung, wodurch es sich auch trotz des Themas für die empfohlene Spielergruppe ab 12 Jahren eignen kann.

Das Regelbuch ist, trotz eines kleinen Fehlers, sehr brauchbar und erklärt die Regeln sehr strukturiert, wodurch die Spieler das Spiel in relativ kurzer Zeit erlernen können. Zusätzlich unterteilt das Regelbuch die Regeln in ein Einstiegsspiel, bei dem nur die nötigsten Regeln in einem verkürzten Spiel angewandt werden, und in erweiterte Regeln, sodass die Spieler langsam an ein komplettes Spiel herangeführt werden.


Semi-kooperative Spiele haben, wenn sie gut gemacht sind, immer eine schöne Gruppendynamik, wenn man mich fragt. Wem kann ich trauen? Ist es schlau, jetzt mit der Gruppe zusammenzuarbeiten oder sollte ich vielleicht doch planen, meine Gruppe zu verraten und auf eigene Faust loszuziehen? DERANGED spiegelt diese Dynamik ganz gut wider. Besonders die geheimen Rollenkarten und die Möglichkeit, immer wieder zum Wahnsinnigen zu werden und sich gegen die Gruppe zu wenden, bieten hierbei eine sehr gut funktionierende Mechanik.

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Aber hier ergibt sich auch ein kleineres Problem von DERANGED: Agiert die Gruppe zu kooperativ, wird es sehr schnell zu leicht. Es ist damit teilweise leichter, sich vom Wahnsinnigen freiwillig umbringen zu lassen und im Anschluss schnell mit seiner Hilfe den Fluch loszuwerden, als vor ihm wegzulaufen und seine eigenen Ziele zu erfüllen, was das Spiel eigentlich zu wollen scheint. DERANGED möchte, um das volle Spielgefühl zu entfalten, also eher eine Gruppe aus Egoisten dazu bringen, ein wenig zusammenzuarbeiten, als eine Gruppe von guten Samaritern um den Tisch zu versammeln, die sich alle gegenseitig die Hand reichen.

Auch die Wirkung der versteckten Rollen lässt teilweise etwas zu wünschen übrig. Klar sind die Gegenstände sehr mächtig, aber dennoch wäre die Situation für mich interessanter gewesen, hätte die Aufgabe ebenfalls erfüllt sein müssen, um das Spiel gewinnen zu können. So müssten Spieler dann zu einem gewissen Zeitpunkt aufeinander losgehen, um ihre Missionen zu erfüllen, anstatt sich nur gegen ein paar Monster zur Wehr zu setzen. Auch die relative Eintönigkeit betreffend das Ziel schwächt den Wiederspielwert ein wenig, da es hier keine Variation gibt. Ich denke hier zum Beispiel an die Zielvariationen des Spiels BETRAYAL AT THE HOUSE ON THE HILL.

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Das alles klingt aber um einiges negativer, als das Spiel unterm Strich eigentlich ist. Auch wenn es ein wenig Verbesserungsbedarf gibt, macht DERANGED einiges richtig. Das Setting spiegelt sich sehr gut im Spielgefühl und im Artwork wider. Das Spielmaterial sieht fantastisch aus, wenn einem der Comic-Look zusagt und die unterschiedlichen Szenarien, die nach Abschluss sogar miteinander vermischt werden können, bringen eine interessante Abwechslung ins Spiel. Zudem sind die Regeln gerade komplex genug, um Brettspielneulinge nicht zu verschrecken, aber Vielspieler und Veteranen bei der Stange zu halten. Es ist kurzweilig, lässt sich flüssig spielen und ist auf alle Fälle für Spieler, die sich noch nicht so ausgiebig mit dem Genre befasst haben, einen Blick wert. Zwar ist DERANGED nun nicht mein absoluter Favorit im Genre der semi-kooperativen Spiele, aber ich sehe es dennoch als ein Spiel an, dass auch in Zukunft auf unserem Spieltisch landen und für einige gute Abende sorgen wird.

 

Wertung zum spiel

 

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Tags: Pick up and deliver, 3-6 Spieler, Semi-Kooperativ, Miniaturen, 90-180 Minuten

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