TEST // TINY EPIC PIRATES

Test | Tiny Epic Pirates

Das Wichtigste im Piratenleben sind laut Experten entweder die funkelnden Entermesser oder die exotischen Krankheiten. Doch egal ob Stilette oder Skorbut zu den persönlichen Favoriten zählen, ist überall unbestritten, dass es ein hartes Leben ist. Wahre Geißeln der Meere sind keine betrunkenen Halunken auf einem notdürftig geflickten Seelenverkäufer, sondern eher gerissene Geschäftsleute in dynamisch legalen Unternehmungen. In TINY EPIC PIRATES kann diese Handelsoperation mit blutiger Warenakquise erlebt werden.

 

tiny epic pirates info

 

Wir haben TINY EPIC PIRATES selbst gekauft. Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

 

 

Gold, Gold und noch mehr Gold

Alle frischgebackenen Freibeuterinnen und Freibeuter starten ihre steile maritime Karriere in einem Hafen mit Ankersymbol, mit drei tüchtigen Seeleuten an Deck und einem von vier möglichen Warenwürfeln an Bord. Und schon kann in See gestochen werden. Der Ozean besteht aus fünf mal fünf Meereskarten. Das Piratenleben wird dabei vom Steuerrad bestimmt. Die Kapitänsfigur wandert im Uhrzeigersinn zwischen den Speichen des Rades, so werden die Aktionen gewählt. Das Spiel endet, sobald mindestens eine Person ihren dritten Schatz vergraben hat. Sollten mehrere Piratinnen oder Piraten alle ihre Schätze vergraben haben, entscheidet der höchste Legendenstatus über den Sieg.

 

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Das Piratenleben bietet viele Möglichkeiten auf dem Weg zum Sieg. Die genaue Anordnung der Aktionsplättchen im Steuerrad ist immer und bei allen unterschiedlich. Die Kapitänsfigur kann immer auf das nächste Feld im Uhrzeigersinn bewegt werden. Das Überspringen eines oder mehrerer Felder ist ebenfalls möglich. Dazu wird auf jedes übersprungene Feld einer der Seeleute aus den Bonusbereichen gelegt. Jede dieser Deckratten erhöht entweder die Bewegungsreichweite des Schiffes, verleiht automatische Treffer oder generiert in regelmäßigen Abständen Geld, je nachdem in welchem Bonusbereich sie liegen.

In jedem Zug wählt die aktive Person eine Aktion auf dem Steuerrad. Die Aktionen erlauben das Anheuern neuer Crewmitglieder aus der offenen Auslage, das Plündern kleiner Stranddörfer, das Suchen auf Meereskarten, das Überfallen ahnungsloser Händler oder Mitspieler und Mitspielerinnen, der gewinnbringende Verkauf von Waren in bestimmten Häfen und letztlich das Ankern, um sich vor der Marine zu verstecken und erlittene Schäden zu reparieren. Nach der Aktionswahl darf zunächst die Schiffsbewegung ausgeführt werden, dann folgt die Aktion und schließlich eventuelle Bonusaktionen der Crew und des Kapitäns oder der Kapitänin, die sich nach der jeweiligen Hauptaktion richten.

 

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Mannschaftsmitglieder eröffnen neue Bonusaktionen. Darüber hinaus verfügt jede Mannschaftskarte am oberen Rand über mehrere Würfelaugen. Wird im Kampf eine der abgebildeten Zahlen erwürfelt, erzielen alle Crewmitglieder mit einem entsprechenden Augenwert einen Treffer. Gleichen sich die Werte bei mehreren Mitgliedern, können also mit einem Würfel mehrere Treffer erzielt werden. Einen Kampf gewinnt, wer mehr Treffer als der Gegner erreicht.

Durch das Überfallen von Händlern, erhalten die Spielerinnen und Spieler Geld und die geladene Ware. Mit jedem versenkten Händler wird der Kampf allerdings schwieriger, belohnt dann aber auch mit dem Anstieg des Legendenstatus. Selbiger erhöht sich auch durch den erfolgreichen Kampf gegen andere Freibeuterinnen und Freibeuter. Durch einen steigenden Legendenstatus wird das Schiff schneller, die Kampfwürfel steigen auf drei, die Seeleute erhöhen sich auf vier und ständig regnet es Dublonen.

Weitere Möglichkeiten zum Gelderwerb sind der Handel von Gütern in den Häfen mit entsprechender Nachfrage. Ist eine Nachfrage bedient, sinkt der Wert der Ware auf ein Minimum, alle anderen Waren werden aufgewertet. Und schließlich bringt auch die Steigerung des Legendenstatus Gold.

 

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Um dem Spielende und damit dem Sieg näher zu kommen, müssen die drei Schatzmarker auf dem Spielfeld platziert werden. An entsprechend markierten Stellen können Schätze aus zwölf oder dreizehn Dublonen vergraben werden. Doch die nötige Vergraben-Aktion lässt sich nur als Bonusaktion des Kapitäns oder der Kapitänin ausführen, wenn die passende Hauptaktion gewählt wurde. Gute Planung ist dabei wichtig und eine gehörige Portion Zeitdruck durch die anderen Spielerinnen und Spieler kommt auch hinzu.

Und schließlich wird auch das Marineschiff mit jedem verbuddelten Schatz schneller und verbissener in seiner Suche. Marine und Handelschiffe bewegen sich immer dann am Ende eines Zuges, wenn eine Kapitänsfigur auf dem Steuerrad über die rote Linie bewegt wurde. Da die Marine nicht besiegt werden kann und alle Seeleute auf Steuerrad und in Bonusbereichen in den nutzlosen Reparaturbereich verschiebt, lohnt es sich zur rechten Zeit mit der Ankeraktion in einer Grotte in Deckung zu gehen. Dort bleiben Piratinnen und Piraten unentdeckt und können im nächsten Zug unbehelligt ihrem Handwerk nachgehen.

 

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Vom Krähennest bis unter den Kiel

Die kleine Box beinhaltet sehr viel Material. Vier Piratenschiffe, zwei Handelsschaluppen und ein Schiff der Marine besiedeln die 25 Meereskarten. Pro Person liegen eine Steuerrad- und eine Legendenkarte bei, ihre Rückseiten bieten verschieden schwere Gegner für das Solo-Spiel. Ein kleiner Stoffsack enthält die zahlreichen hölzernen Rohstoffwürfel. Fünf Aktionsplättchen, ein doppelseitiger Legendenmarker, sowie eine Dublone, vier Seeleute, drei Schatzmarker und eine Kapitänsfigur pro Person bilden einen Großteil des Materials. Eine große Marktkarte, Pappmarker und hölzerne, bedruckte Kanonenmarker und drei sechsseitige Würfel runden den Schachtelinhalt vom Krähennest bis zum Kiel ab.

Die Anleitung liegt nur auf Englisch bei. Sie erklärt die Spielabläufe deutlich, mit Beispielen und vielen Bildern. Selbst die verschiedenen Symbole werden detailliert erläutert.

 


christian backe meine meinung überschrift

 

Seegefechte in einer Teetasse

Einige Titel der TINY EPIC-Reihe befinden sich in meiner Sammlung. Ich mag die Idee von kleinen Spielen mit großem Umfang. Dabei gibt es bessere und schlechtere Spiele in der Reihe. TINY EPIC PIRATES gehört sicherlich zu den besseren Vertretern. Die Schachtel ist, wie bei allen Spielen der Reihe, klein, aber nicht direkt winzig. Gemessen am umfangreichen Inhalt, passt das Attribut „winzig“ allerdings gut. Die Gestaltung ist stimmig und es finden sich gleich viele Männer und Frauen in den Mannschaftskarten. Die Ikonographie ist meist selbsterklärend und intuitiv verständlich. Das Holzmaterial ist gut und teilweise sogar doppelseitig bedruckt. Die Pappteile sind gut gestanzt. Mit den mehrteiligen Plastikschiffen und den metallenen Goldmünzen haben GAMELYN GAMES wieder einmal keine Kompromisse in Sachen Ausstattung gemacht.

 

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Mechanisch funktioniert TINY EPIC PIRATES ebenfalls. Die Schadensmechanik wirkt dabei zunächst etwas sinnlos, sie stellt eben nur eine kleine Einschränkung dar. Doch das hält alle im Spiel und niemand bleibt nach einem verlorenen Kampf völlig abgeschlagen zurück. Die Kampf- und Bonusaktionsmechanik machen das Spiel rund. Hier dürfen Kombinationen gebildet werden, dass die Kanonenrohre nur so qualmen. Und qualmen werden sie zweifellos, denn trotz der 25 Meereskarten sind Begegnungen und Gefechte an der Tagesordnung. Der Ozean hätte ruhig etwas größer ausfallen dürfen, denn so schippern alle dem Gefühl nach in einer Teetasse umher.

Durch die verschiedenen Marker und die Schiffe, sind Häfen und sonstige Symbole auf dem Spielfeld manchmal schwer zu erkennen oder werden schnell übersehen. Alles in Allem wirkt TINY EPIC PIRATES wie der kleine Bruder des großen „Korsaren der Karibik“. Bis auf die Kriegsmechanik und wechselnde Nachfragen in den Häfen, findet sich alles in kleinerer Form wieder. Episch wird das Spiel dadurch nicht. Dafür ist die Spielzeit etwas zu kurz und der Legendenstatus wird nur unter besonderen Umständen ganz ausgereizt werden. TINY EPIC PIRATES ist kurzweilig und dennoch ein angenehm taktischer Spaß in einer kleinen Schachtel. In jedem Seesack sollte sich Platz dafür finden lassen. Da die Regeln etwas komplexer sind, ist es eher für reisefreudige Kennerspieler gedacht. Leider hat der SCHWERKRAFTVERLAG schon seit geraumer Zeit keine neuen Spiele dieser Reihe mehr lokalisiert. Englischkenntnisse sind deshalb für das Verstehen der Anleitung nötig; das Material selbst ist aber Sprachneutral.

 

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Ich werde auch weiterhin die Gewässer dieser winzigen Schachtel befahren, Schiffe aufbringen und geraubte Beute an skrupellose Händler verkaufen.

Und jetzt hisst die Segel, elende Landrattenschar!

 

tiny epic pirates wertung

 


meine meinung überschrift dennis

 

Die Idee der „Tiny Epic“-Reihe lässt zwei Herzen in meiner Brust schlagen:

 

Auf der einen Seite fasziniert mich die Idee eines „großen“ Spielerlebnisses in kleiner, günstiger Schachtel (das „Tardis-Prinzip“). Und Gamelyn lässt sich bei jedem Titel der „Tiny Epic“-Reihe immer etwas einfallen, keiner ist wie ein anderer. Bei „Tiny Epic Pirates“ ist die Box genauso klein wie bei anderen Titel der Reihe (und genauso hochwertig gestaltet), und wirklich randvoll mit hochwertigem Material. So sehr, dass ich mir wohl eine Sortierlösung einfallen lassen muss, damit der Deckel auch zuverlässig ganz zugeht.

 

Aber der anderen Seite bin ich ein kurzsichtiger Grobmotoriker. Und „Tiny Epic Pirates“ ist an vielen Stellen fummelig. Schon der Aufbau ist für ein Spiel dieser Größe und Spieldauer vergleichsweise umfangreich. Je nach Tischoberfläche kommt es schnell zu „Seebeben“ und „Kontinentalplattenverschiebungen“. Aber in den meisten Partien hat das in meinen Gruppen dem Spielspaß keinen Abbruch getan.

 

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Den Mechanismus mit dem Aktionsrad finde ich gleichermaßen clever wie problematisch. Denn dadurch unterschieden sich die Spieler stärker voneinander, der Wiederspielwert steigt. Andererseits gibt es Konstellationen bei den Aktionen, die stärker sind als andere. Das kann gerade für Einsteiger frustrierend sein und sich unfair anfühlen.

 

Macht „Tiny Epic Pirates“ Spaß? Aye. Ist es thematisch? Oui, mon Capitan. Ist es das beste Spiel der „Tiny Epic“-Reihe? Ich glaube, da haben die Raumschiffe von „Tiny Epic Galaxies“ wertvollere Schätze an Bord. Kann ich „Tiny Epic Pirates“ empfehlen? Das schon. Aber mit Einschränkungen.

 

An einigen Stellen überlege ich, ob weniger nicht doch mehr gewesen wäre: Die Regeln sind vergleichsweise umfangreich und können für Einsteiger eine Hürde darstellen. Die Downtime zwischen den eigenen Zügen könnte auch gern etwas geringer ausfallen. Zudem stehen die Kämpfe etwas im Hintergrund und schmälern die „Piratigkeit“ des Spielerlebnisses ein wenig.

 

Im Vakuum betrachtet, ist „Tiny Epic Pirates“ definitiv kein schlechtes Spiel. Allerdings existieren Spiele nicht auf einer einsamen Insel und das Piraten-Thema erfreut sich in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit (was ich sehr begrüße). Und ob sich da immer die Gelegenheit und Spielrunde findet, in der „Korsaren der Karibik“ zu groß und lang, „Jamaica“ aber zu simpel ist? Ich freue mich jedenfalls, dass eine neue Nische für Piraten und Leichtmatrosen bedient wird.

 

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„Tiny Epic Pirates“ ist klein, kleinteilig (auch, was die Regeln betrifft), punktet mit gutem, thematischem Spielmaterial und einem kreativen Mix aus Mechaniken. Beim Spieltisch sollte es sich nicht unbedingt um das kleinste, wackeligste Rettungsboot mit blankpoliertem Deck handeln, damit auch bei etwas unruhigem Seegang eine sichere und unterhaltsame Reise sichergestellt werden kann.

 

„Tiny Epic Pirates“ wird erstmal in meiner Schatzkiste landen. Wo ich die allerdings vergrabe, wird natürlich nicht verraten!

 

wertung zweite meinung

 

 

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Tags: 1-4 Personen, Kennerspiel, Seefahrt, 30-60 Minuten, Piraten

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