Test | Seize the bean

Test | Seize the bean

An einem schönen Tag überkommt dich die Lust nach einem Kaffee. Aber nicht so eine billige Filtergeschichte. Nein, heute soll es etwas Gutes sein! Ein Triple-Mokkachino mit Haselnusssirup, Sahnehaube und Minzschokoladenstückchen oben drauf. Dazu darf es gern ein großes Stück hausgemachter Kuchen sein. Das angesagteste Café ist direkt um die Ecke. Doch schon als du dich setzt, fallen dir die merkwürdigen Gestalten im Laden auf, die sich auf den gemütlichen Sesseln tummeln. Der Kaffee ist gut, aber der „psychodelische“ Apfelkuchen schmeckt irgendwie komisch und etwas versalzen. Das wirst du auf jeden Fall in deiner Onlinebewertung zur Sprache bringen und es wird diese Klitsche ein paar Sterne kosten. Noch bevor dein Finger den Sendebefehl erteilen kann, umfängt dich allerdings ein wohliges Gefühl der völligen Zufriedenheit und schon träumst du dich hinein in eine Karriere im eigenen Café in „Seize the bean“.

 

infos zum spiel

Wir haben "Seize the beam" selbst gekauft.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!

Zwischen Hype und Kaffeemaschine

Ausgestattet mit einem eigenen kleinen Café in einem der pulsierendsten Bezirke Berlins und unterstützt von Familie und Freunden, beginnen die Spielerinnen und Spieler ihre Karriere in „Seize the bean“. Jeder Stadtteil besitzt seine ganz eigene Klientel aus sechs Kundengruppen, die ihrerseits besondere Fähigkeiten, aber auch Gegenstände mitbringen. Durch den Hype in eines der Cafés gespült, hinterlassen sie gute oder auch schlechte Onlinebewertungen. Ist eine festgelegte Menge von ihnen aufgebraucht, gewinnt die Person mit den meisten positiven Bewertungen das Spiel.

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Jede Spielrunde gliedert sich in fünf Phasen. Die erste ist die Aktionsphase. In ihr werden die Barista-Meeple auf sechs möglichen Einsetzfeldern platziert. Bis zu vier dort abgebildete Aktionen können nun ausgeführt werden. Drei Felder befassen sich dabei grundsätzlich mit der Ressourcenbeschaffung, also Kaffeebohnen, Milch und Zuckerwürfeln. Die anderen Felder widmen sich dem strategischen Auf- und Ausbau des Cafés. Dort können neue Kunden, Tresen- oder Stilverbesserungen erhalten werden. Jede Verbesserung macht das Café attraktiver für die passende Kundengruppe, erleichtert die Erfüllung von Bestellungen und erweitert, nach dem Einfügen ins Café, die Aktionsmöglichkeiten der Baristas.

Die Hypephase ist kurz, denn je nach Hype, decken die Spielerinnen und Spieler nun Kundenkarten von ihren Nachziehstapeln auf. Je größer der Hype, umso mehr Kunden strömen in den Laden und desto höher ist auch der Ressourcenverbrauch. Mehr Kunden bedeuten mehr Belohnungen, aber auch eine größere Gefahr Bestellungen nicht mehr erfüllen zu können. Solche unzufriedenen Gäste hämmern ihre schlechten Bewertungen schneller in die Tastatur als ein Eichhörnchen auf drei Espresso.

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Entsprechend ihres Namens stehen die Bestellungen in der Bedienphase im Mittelpunkt. Reihum erfüllen alle zunächst die Haupt - und wahlweise auch die Nebenbestellung ihres ersten Gastes, dann die des nächsten und so weiter. Ist die Hauptbestellung erfüllt, muss die Kundenfähigkeit genutzt werden und schließlich winkt für jede erfüllte Bestellung noch die abgebildete Belohnung. Die Fähigkeiten der Gäste beeinflussen maßgeblich die Spieldynamik. Manche ermöglichen mehr Kontrolle über das eigene Kundendeck, Verbrecher stehlen Ressourcen der Konkurrenz und Hacker treiben Schindluder mit den Kundenstapeln der anderen Cafés. Die Phase endet sobald alle Gäste bedient sind. Konnten oder wollten die Cafebesitzerinnen und -besitzer eine Bestellung nicht erfüllen, wird der Gast verärgert.

In der Weiterempfehlungsphase kommen neue Gäste aus der offenen Auslage auf die Ablagestapel der Cafés. Die sichtbaren Farben bedienter Gäste und der angelegten Verbesserungen bedingen die Auswahl. Ist nichts Passendes in der Auslage, kommt auch kein neuer Gast ins Deck.

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Da auch der schönste Tag einmal ein Ende haben muss, beschließt die Feierabendphase die Runde. Alle Gäste wandern auf die Ablagestapel und auch die Baristas gehen heim. Die Auslagen wechseln und Gäste trollen sich auf die Ablagestapel. Verärgerte Kundinnen und Kunden hinterlassen schlechte Bewertungen. Hat ein Café schon vier oder mehr davon, geht der Gast nicht auf den eigenen, sondern auf den Ablagestapel der Stadt. Selbst die hartnäckigsten Kaffeejunkies merken irgendwann, dass sie unerwünscht sind. Der nächste Morgen bringt eine neue Gelegenheit für extravagante Kaffeekreationen.


Bei „Seize the bean“ handelt es sich um eine Liebeserklärung an das Thema. Die Realisierung des Kickstarterprojektes aus Berlin hat sich gleich um mehrere Jahre verzögert. Doch vielleicht brauchte das Spiel einfach diese Zeit um zu reifen und so zur besten Version von sich selbst zu werden. Ein guter Kaffee braucht eben Zeit. Und so gehen im fertigen Spiel Thema und Mechaniken Hand in Hand. Nichts wirkt aufgesetzt oder verkommt zum reinen Selbstzweck einer spieltechnisch nötigen Mechanik. „Seize the bean“ steckt voller Herzblut von Autor und Verlag. Und das in allen Aspekten spürbar.

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Wahrhaft besonders und absolut beeindruckend ist das Spielmaterial. Die Kaffeebohnen, Zuckerwürfel und bemalten Milchtüten stechen heraus und fesseln ans Thema. Ich habe in meinem Leben noch jede Partie „Catan“ verloren, weil ich mich lieber im Ausbau der Dörfer verliere, anstatt Siegpunkte zu sammeln. Insofern holt mich „Seize the bean“ komplett ab. In allen Partien waren die Spielerinnen und Spieler beeindruckt und das Angeln nach möglichst vielen Kaffeebohnen mit dem Kaffeelöffel wurde zum Spiel im Spiel. Der feine Humor auf den einzigartig gestalteten Karten tut sein Übriges. Da ist die WLAN Verbindung über 9000! Und im Kartenset der Verbrecher finden sich verdächtig viele nicht gestohlene Gegenstände. Die Texte der Bewertungsplättchen stammen von den Unterstützern der Kickstarterkampagne. Darunter findet sich nicht nur eine Danksagung des Verlages, sondern sogar ein Trump-Zitat. Auch hier ist die Liebe fürs Detail spürbar.

Rein mechanisch macht „Seize the bean“ nichts neu. Egal ob Arbeiter einsetzen, Kartendeck ausbauen oder clevere Kombinationen für maximale Punkteausbeute finden; das alles findet sich auch in anderen Spielen. Doch in Verbindung mit dem Thema und den Materialien ist es eben doch etwas Besonderes. Der Rundenablauf ist intuitiv logisch. Die Ikonographie ist schnell erlernt. Die Anleitung bietet sowohl eine ausführliche, als auch eine kurze Erklärung und lässt keine Fragen offen. Lediglich das Bedienen der Kundinnen und Kunden kann etwas länger dauern, speziell im späteren Spielverlauf. Vieles lässt sich allerdings gleichzeitig abhandeln, lange Wartezeiten gibt es selten.

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Der Wiederspielwert ist sehr hoch, denn je nach verwendeten Kundengruppen ändert sich das Spiel völlig. Im Spiel mit Hackern, Verbechern und Ordnungskräften stehlen die Spielerinnen und Spieler sich Ressourcen, verhaften Kunden ihrer Konkurrenz oder treiben Schindluder mit ihren Nachziehstapeln. Modefans und Oberschicht lassen den Nachziehstapeln rotieren und verhelfen zu Punkten, ohne dass irgendjemand bedient wird. Die hungrige Presse torpediert die Mehrheitenwertung am Spielende, indem gute und schlechte Bewertungen auf Kundengruppen gelegt werden. In der Anleitung finden sich diverse Empfehlungen für interessante Kundenkombinationen aus verschiedenen Stadtteilen Berlins. Darüber hinaus gibt es einen Roboter-Barista als Gegner für Solo-Spielerinnen und -spieler. Die Familienmitglieder können zu Beginn gedraftet werden und mit Plättchen für die linke Caféseite können die erhältlichen Ressourcenmengen angepasst werden. Kurz gesagt: Es steckt wirklich sehr viel Spiel in dieser kompakten Schachtel.

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Leider gibt es auch ein paar Kickstarterextras, die nicht alle Kaffeefans bekommen werden. Nötig für ein gelungenes Spielerlebnis ist aber nichts davon. Dazu zählen das Tischtuch mit dem Spielplan, die Ressourcenbeutel, die 3D Kaffeetassen und die 3D Versionen der besonderen Ressourcen (Donut, Croissant, Tortenstück, Sojabohne, Kaffeesack und Espressokocher). Auch ein paar Kundengruppen sind nicht im normalen Spiel enthalten, die möglichen Spielvarianten bleiben aber dennoch riesig.

Wer gerne Kaffeebohnen löffeln möchte und nie genug von einem guten Deckbauspiel mit wundervollem Material und zahllosen Spielvarianten bekommen kann, der sollte versuchen ein Exemplar von „Seize the bean“ zu ergattern. Ansonsten bleibt nur zu hoffen, dass diese spielerische Geschmacksperle aus Berlin bald wieder verfügbar sein wird.

 

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Tags: 1-4 Personen, Ressourcenmanagement, Engine Builder, 60-90 Minuten, Worker Placement, Deckbauspiel

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