TEST // STEAMOPOLIS - Fazit + Wertung + Bilder vom Spiel
STEAMOPOLIS ist ein Kennerspiel mit einer soliden Mechanik. Zunächst lässt man sich leicht durch das Luftschiff und die Drucksteine darüber täuschen, dass Druck wichtiger sei als Kristalle und Zahnräder. Doch das ändert sich schon in den ersten Runden, denn es mangelt nur selten an Druck in den Kesseln. Die Qual der Wahl ist Programm und fast immer ist ein schmerzliches Abwägen zwischen Stadtteilaktion oder Marktbesuch nötig. Dabei kann eine SpielerIn leicht einmal in eine Denkparalyse verfallen. Ist dann ein Plan gefasst und der erste Schritt ausgeführt, zwingen die Züge der MitspielerInnen durch blockierte Felder im nächsten Zug schon wieder zum Grübeln.
Wer Spaß an komplexen Worker Placement Spielen hat und eine funktionierende Maschinerie aufbauen möchte, kann mit STEAMOPOLIS durchaus seine Freude haben. Dennis Lohausen hat gute Arbeit geleistet und ein ansehnliches Spiel mit seinen Illustrationen geschaffen. Die Ikonografie ist, bis auf wenige Ausnahmen, intuitiv und dank der beiliegenden Spielerhilfen kann jede verbleibende Unklarheit schnell beseitigt werden. Doch bleibt der Großteil des Spielmaterials ein Wirrwarr aus Röhren und Schläuchen in Silber und Gold. Auf manchen Maschinenteilen muss auf kleinste Rohre geachtet werden und das Ableiten des Drucks ist zwar gut nachvollziehbar, bleibt aber etwas trist. Das Spiel braucht einige Zeit für den Aufbau, wobei die Statuen völlig unnötig sind und den Aufbau dadurch unnötig verlängern.
Die Pappboxen für Zahnräder und Kristalle sind zwar etwas groß, aber für den Aufbau und den Spielablauf selbst eine gute Sache, da nichts herumfliegt. Trotz der beträchtlichen Stärke der Anleitung ist diese erstaunlich gut lesbar und führt mit zahlreichen Beispielen gut ins Spielgeschehen ein.
Ein böses Sprichwort lautet: „Mach ein paar Zahnräder drauf und nenn’ es Steampunk.“ Und leider fällt auch STEAMOPOLIS für mich genau in diese Kategorie. Es hat nichts von der hoffnungsvollen Romantik und dem Erfindergeist des Steampunks, sondern ist ein düsterer Entwurf einer alternativen Gesellschaft auf Dampfbasis. Kenner des Films „Metropolis“ werden nicht nur im Titel des Spiels Parallelen erkennen.
Die SpielerInnen gleichen eher kaufwütigen „Schrauber-Prollitikern“ mit Taxilizenz als aufstrebenden PolitikerInnen. Es wird keine Rede gehalten oder mit Interessengruppen verhandelt. Stattdessen erhalten die SpielerInnen Stimmpunkte für bunte Banner und aufgemotzte Maschinen. Wie oberflächlich müssen die Bürger dieser Stadt sein? Die Boni der einzigen beiden Fahrgäste sind immer gleich. Gerade angesichts der vielen verschiedenen Maschinenteile ist das schade. Weshalb der Wahlkampf endet, sobald alle Fahrgäste befördert oder drei Märkte leer gekauft worden sind, lässt sich logisch auch nicht begründen. Sicher mag das alles gemein klingen, spiegelt aber meine Enttäuschung über die lieblose und schlecht durchdachte Geschichte des Spiels wider.
Eine andere Darstellung des Spielbrettes, beispielsweise als Landkarte mit verschiedenen Städten, hätte ich passender gefunden. Ermöglicht es der steigende Dampfdruck doch, größere Distanzen zu überwinden. Statt der Wahl eines Politikers, hätte es auch der Wettstreit um den Chefposten einer Firma sein können. Schließlich fehlt es gerade bei der Beförderung der Passagiere an Sinn und Abwechslung, da sie stets den gleichen Bonus bringen. Reizvoller wären verschiedene Boni gewesen. Der Steampunk versucht, neue Technologien mit Retrodesign zu verbinden, bis auf Dampf existiert jedoch keine andere Technik. Teslaspulen, Elektrifizierung, Phasenverschiebungen und andere Spielereien wären denkbar gewesen, fehlen aber gänzlich. Viele der Maschinenteile gleichen sich zu sehr in ihren Funktionen und lassen die Welt des Spiels flach erscheinen.
STEAMOPOLIS ist ein solides Kennerspiel mit guten Entscheidungen und vielen Möglichkeiten. Es ist ein gutes Worker Placement Spiel mit Engine building. Aber das Thema ist leider völlig austauschbar und karrikiert sich an einigen Stellen selbst.
Bilder vom Spiel
Tags: Set sammeln, Steampunk, 60-90 Minuten, Handmanagement, Worker Placement, 2-4 Spieler