TEST // WORLD IN FLAMES
Brettspiele über den Zweiten Weltkrieg sind nichts Neues. Spiele über U-Boot-Kämpfe, Luftschlachten oder Kämpfe in der Normandie gibt es zuhauf. Ein Urgestein des Genres kam Mitte der 80er Jahre auf den Markt und weist bis heute viele Neuauflagen und Überarbeitungen auf. Interessanter ist jedoch, dass es den Titel für das größte Brettspiel der Welt innehat. Was versteckt sich nun hinter diesem Titel? Wie spielt es sich und wie viel Spiel steckt wirklich im „größten Spiel der Welt“?
AUSTRALIAN DESIGN GROUP hat uns WORLD IN FLLAMES freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf unsere Bewertung!
Darum geht es im Spiel
Bei WORLD IN FLAMES (im Weiteren mit „WIF“ abgekürzt) übernehmen die Spieler die Rollen der Mächte des Zweiten Weltkrieges. Dabei sind sie nicht daran gebunden, reale Geschehnisse zu simulieren, sondern können in verschiedenen Szenarien einen ausgewählten Teil des Kriegsverlaufes selbst nachspielen. Die Spieler kontrollieren dabei eine oder mehrere Hauptfraktionen und müssen Ziele erreichen, die von Szenarien vorgegeben werden. Dafür stehen ihnen Land-, Wasser- und Lufteinheiten zur Verfügung, die alle ihr eigenes System besitzen und deren korrekter Einsatz kampfentscheidend sind.
WIF ist durch und durch strategisch aufgebaut. Alle Informationen der Einheiten werden auf den entsprechenden Einheitenchips angezeigt und sind jederzeit für alle einsehbar, so dass die verschiedenen Fraktionen ihre Vorgehensweise genau planen können. Zudem sind Umwelteinflüsse wie das Terrain oder das Wetter der bespielten Wetterzone der Spielkarte von Relevanz.
Durch seinen strategischen Kern ist die Platzierung, Bewegung, Aufteilung und Startaufstellung der Einheiten siegentscheidend. Die Startpositionen werden grob von einer Tabelle des Szenarios vorgegeben, jedoch kann jeder Spieler selbst entscheiden, wo die Einheit positioniert wird, solange dies nicht in der Tabelle angegeben wird. Dadurch können Spieler, die später aufbauen (auch die Reihenfolge wird dabei von der Tabelle vorgegeben), eine strategische Konteraufstellung aufbauen und damit die Pläne des Gegners gleich vereiteln oder auf eigene Pläne setzen. In den Spielzügen müssen die Spieler entscheiden, ob sie sich auf Luft-, Boden- oder Seemissionen konzentrieren wollen und besitzen dadurch ein gewisses Kontingent an Aktionspunkten in den bestimmten Aspekten. Diese unterscheiden sich essenziell voneinander, da sie zwar miteinander interagieren und sich gegenseitig unterstützen können, aber komplett unterschiedlichen Regeln unterstehen. Beispielsweise ist das Kampfsystem für alle drei Aspekte sehr unterschiedlich, sodass genau bedacht werden muss, wie welcher Spieler mit welcher Bedrohung umgeht.
Der Realismus im Spiel wird dabei ins Zentrum gesetzt. Die Spieler müssen mit Versorgungslinien, Befehlsketten und der strategisch korrekten Verteilung ihrer Einheiten kalkulieren, damit die Gegenseite keine Versorgungslinien abschneiden kann oder den Nachschub unterbindet. Fahrzeuge müssen zudem mit Öl versorgt, Piloten für Flieger ausgebildet und Fahrzeuge in Auftrag gegeben und anschließend produziert werden. Das Spielfeld spielt dabei eine wichtige Rolle. Fabriken, Ressourcen, Bahnlinien, Häfen und Städte sowie jedes unterschiedliche Terrainfeld geben den Spielern Informationen, wie sie sich positionieren können und sollten, damit ein Vorstoß auch gelingt. Damit das Spielfeld nicht nur die großen Fraktionen wie Frankreich, England, USA, Deutschland und Russland beinhaltet, sind viele kleine Unterstützungsfraktionen im Spiel, die einen großen strategischen Vorteil bieten können.
Die Szenarien des Spiels bieten den Spielern viele verschiedene Möglichkeiten WIF zu erleben. Beispielsweise müssen nicht immer alle Spielfelder auf den Tisch, da auch Missionen mit einem oder zwei Spielfeldern möglich sind und sich dadurch auch in der Spielzeit stark voneinander unterscheiden. Jedes Szenario gibt zudem an, welche Fraktionen an diesem Szenario beteiligt sind und wie lange das Szenario dauert, damit die Spieler sich bereits im Vorfeld darauf einstellen können. Auch die Siegpunkt- und generellen Siegbedingungen werden von den Szenarien vorgegeben, die jeweils im Spielerhandbuch mit nützlichen Tipps und Hinweisen für den Spielverlauf individuell für jede Fraktion versehen sind.
Das ist in der Box
Die Spielschachtel von WIF ist randvoll mit Spielmaterial. Den größten Anteil macht dabei das Spielfeld aus, das aus 4 Spielfeldern á 57 cm x 82 cm und zwei kleineren Spielfeldern á 29 cm x 42cm besteht. Die Einheiten werden von 1600 Token á 1,2 cm x 1,2 cm dargestellt, die mit unterschiedlichen Symbolen und Einheitenwerten ausgestattet sind.
Die Fülle der Token verlangt zwingend nach einer sehr guten Sortierung und einem ausgefeilten Lagersystem, da es sonst schnell im reinen Chaos endet. Die Qualität des Spielmaterials ist nicht zu beanstanden. Dem UVP entsprechend sind die Spielfelder äußerst robust, die Token aus ausreichend dicker Pappe und der Druck von gehobener Qualität. Die enthaltenen Würfel besitzen zusätzlich besondere Farben, was ein nettes Detail darstellt.
Das Regelbuch ist sehr dick. Es enthält 100 Seiten in Schriftgröße 10 mit doppelreihig beschrifteten Seiten. In ein paar wenigen Passagen werden die Regeln durch Grafiken unterstützt, das kommt aber eher selten vor. Die äußerst komplexen Regeln werden darin teilweise sehr konfus erklärt, da der Leser stetig auf andere Kapitel verwiesen wird, ohne dabei Seitenzahlen anzugeben. Dieses Problem zeigt sich ebenfalls im Glossar, das zwar generell hilft, aber auch hier sind keine Seitenzahlen zu finden. Es gewinnt zudem weiter an Komplexität, da es für alle Versionen und möglichen Erweiterungen ein eigenes Regelbuch gibt, die alle Regeln parallel erklären. So tauchen häufig Regeln auf, die eigentlich für das Standardspiel gar nicht wichtig sind. Das Regelbuch ist sich dessen zum Teil sogar bewusst, da die Autoren an ein paar wenigen Stellen kleine humorvolle Sätze eingebaut haben, um die Leser bei Laune zu halten (ich wurde zum Beispiel noch nie von einem Szenariobuch dazu beglückwünscht, dass ich das Regelbuch durchgearbeitet habe). Aufgrund seiner Komplexität eignet sich das Regelbuch dabei aber nicht, um es kurz vor dem eigentlichen Spiel einmal durchzugehen (dazu aber gleich mehr).
Beim Design des Spiels ist ihm sein Alter anzumerken, da sich die Spielfelder ein wenig wie ein bespielbarer Atlas anfühlen und die Einheitenmarker in ihrer Symbolik auf ein absolutes Minimum reduziert sind, was generell aber kein großes Problem darstellt und als „Geschmackssache“ bezeichnet werden kann.
Tags: Kampfstrategie, 1-6 Spieler, Storytelling, Kampagne, Zweiter Weltkrieg